Laut den Evangelisten Matthäus (2,1) und Lukas (2,5-6) wurde Jesus in der Stadt Betlehem geboren. Diese Information scheint unwichtig zu sein. Doch sie ist von großer Bedeutung: Dass Jesus in Bethlehem geboren wurde, bringt ihn in direkte Verbindung zu König David und ist ein Indiz dafür, dass er der lang ersehnte Messias war (s. Micha 5,1).
Geburtsort und Heimatstadt
Die Frage, wo genau Jesus geboren wurde, ist relativ schnell zu beantworten: Laut den Berichten der Evangelisten Matthäus und Lukas wurde Jesus in der Stadt Betlehem in Judäa geboren (vgl. Matthäus 2,1; Lukas 2,5-6). Zu dem genauen Ort innerhalb Betlehems können wir leider wenig sagen. Lukas berichtet, dass es keinen Platz in der Herberge (d. h. offiziellen Gasträumlichkeiten) gab, als Josef und Maria in Betlehem ankamen. Jesus wurde geboren und danach in eine Futterkrippe gelegt (s. Lukas 2,7). Es gibt mehrere Möglichkeiten, wo sich diese Futterkrippe befand:
- in einem Gebäude ausschließlich für Tiere;
- einem Gebäude, das arme Menschen mit Tieren geteilt haben;
- oder sogar in einer Höhle.
Leider beschreibt Lukas dies nicht näher. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Jesus in Betlehem geboren wurde.
Einige sehen in diesem Punkt allerdings einen Widerspruch in der Erzählung über die Geburt und das Leben von Jesus. Denn an anderer Stelle wird berichtet, dass die Heimatstadt von Jesus Nazaret war (Lukas 4,16; ferner Johannes 1,45). Diesen Schluss sollte man aber nicht so schnell ziehen.
Damals wie heute ist es durchaus möglich, dass man in einer Stadt geboren wird, aber seine Kindheit überwiegend in einer anderen Stadt verbringt. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass Lukas auch davon berichtet, wie Josef und Maria aufgrund der Volkszählung von Kaiser Augustus (Lukas 2,1f) kurz vor der Geburt von Jesus von Nazaret nach Betlehem unterwegs waren. Gut möglich, dass Josef in der Vergangenheit Betlehem verlassen hatte und in Nazaret sesshaft geworden war; vielleicht geschah dies in Zusammenhang mit seiner Verlobung mit Maria.
Theologische Bedeutung
In der weiteren Geschichte von Jesus spielt Betlehem keine Rolle. Daher ergibt sich die Frage, ob diese Information eine größere, theologische Bedeutung hat. Die Antwort darauf: Ja, theologisch gesehen war es wichtig zu erwähnen, dass Jesus in Betlehem geboren wurde. Die Erzählungen von der Geburt von Jesus nennen uns zwei Gründe dafür.
Zum einen wurde damit deutlich unterstrichen, dass Jesus der verheißene Nachkomme von König David war (vgl. 1. Chronik 17,11-14). Die Erwartung in Israel war, dass jemand aus der Linie Davids kommen und König werden sollte. Nun war es keine Voraussetzung, in Betlehem geboren zu werden, um König in Israel zu werden. Dennoch schürte die Geburt von Jesus in Betlehem eine gewisse Hoffnung und Erwartung bei den Lesern des Matthäus- bzw. Lukasevangelium. Denn durch diesen Geburtsort wurde eine noch engere Verbindung zwischen David und Jesus geschaffen, die ein reiner Stammbaum alleine (vgl. Matthäus 1,1-17; Lukas 3,23-38) nicht unbedingt hervorgerufen hätte.
Zum anderen hatte der Geburtsort von Jesus mit der messianischen Hoffnung Israels zu tun. Matthäus zitiert in 2,6 sinngemäß einen Vers aus dem Propheten Micha: „Du aber, Betlehem Efrata, bist zu klein, um zu den Landstädten Judas zu zählen. Doch aus deiner Mitte soll einer kommen, der Herrscher sein wird in Israel. Seine Wurzeln reichen zurück bis in die Urzeit. Seine Herkunft steht von Anfang an fest.“ (Micha 5,1) Die Juden haben diese Stelle in Micha schon lange als eine Weissagung über das Tun und Wesen des Messias verstanden (z. B. in den Targumim, jüdischen Erklärungen zur hebräischen Bibel).
Micha sagt in diesem Vers einiges über den Messias aus: 1) Er wird in Betlehem geboren; 2) er ist ewig (der verwendete Begriff wird sogar in Bezug auf Gott und sein ewiges Wesen benutzt, vgl. z. B. Habakuk 1,12); 3) er wird Herrscher in Israel sein. Dass dieser Vers mit Jesus in Verbindung gebracht wird, zeigt: Jesus ist nicht nur ein Nachkomme von David, sondern viel mehr. Er ist ein verheißener Herrscher für Gottes Volk, der wie ein Hirte Ruhe und Schutz für Gottes Volk schafft und schenkt.
Tom Reed
Gemeinde am Grasweg
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