Wo findet man Orte zu Jesus Christus in Jerusalem?

Kurze Antwort

Kann man in Jerusalem überhaupt noch Spuren von Jesus Christus finden? Das alles ist doch 2000 Jahre her! Doch mithilfe moderner Wissenschaften, vor allem der Archäologie, kann man heute überprüfen, ob die Ortsangaben der biblischen Berichte glaubwürdig sind oder nicht. Vor allem lohnt sich die Spurensuche in der Stadt Jerusalem, in der Jesus gestorben und auferstanden ist. Die Ergebnisse sind spannend (wenn man bis zum Ende liest) …

Schauen wir uns beispielhaft drei Orte in Jerusalem an:  

Der Ölberg 

Wir beginnen am Ölberg. Das ist der Berg im Osten der Stadt. Von hier aus hat man einen gigantischen Blick. Wenn du schon einmal ein Panorama-Bild von Jerusalem gesehen hast, ist das genau der Blick vom Ölberg auf die Stadt. Vom Ölberg aus ist Jesus damals wenige Tage vor seinem Tod am Kreuz feierlich in die Stadt eingezogen (Lukas 19,28-40). Auf etwa halber Höhe des Ölbergs gibt es eine kleine Kirchenamens „Dominus flevit“ (übersetzt: „Der Herr weinte“). Jesus weinte über die Stadt Jerusalem, weil viele Menschen dort ihn nicht als Retter und Erlöser erkannt und angenommen haben (Lukas 19,41-44). Die Kirche erinnert an diesen besonderen Moment.  

 

Natürlich kann man heute natürlich nicht mehr sagen, ob sich diese Begebenheit exakt an dieser Stelle des Ölbergs ereignet hat oder an einer anderen. Der Ort ist nicht so entscheidend und ändert nichts an der Wahrhaftigkeit der biblischen Texte. Was Lukas beschreibt, ist so passiert, und es ist am Ölberg passiert, das können wir festhalten 

 

Der Kreuzweg 

Ein zweites Beispiel ist der Kreuzweg: Viele Christen beten in Jerusalem den Kreuzweg. D.h. sie gehen betend den Weg nach, den Jesus von seiner Verurteilung bis zum Ort seiner Kreuzigung gegangen ist. Der Weg, den wir heute vorfinden (die sogenannte Via Dolorosa), wird seit dem 11. Jahrhundert betend von Christen aus aller Welt gegangen. Und doch ist der Kreuzweg ein Beispiel für einen Ort, der in seiner heutigen Form wahrscheinlich nicht historisch ist. Heute weiß man durch die Archäologie, dass dieser Weg so zur Zeit von Jesus nicht existiert haben kann. Wieso? Der Verlauf des heutigen Weges kreuzt zwei Mal die damalige Stadtmauer an Stellen, an denen es damals kein Tor gab. Hier müssen wir also sagen: Wahrscheinlich war der Weg zur Zeit von Jesus etwas anders, als wir ihn heute in Jerusalem sehen. 

 

Der wichtigste Ort: Kreuzigung und Auferstehung 

Kommen wir zu einem dritten und letzten Beispiel. Bisher waren die Ergebnisse ja eher enttäuschend, könnte man denken. Fragen wir uns: Was ist denn aus christlicher Sicht der wichtigste Ort in Jerusalem? Das ist zweifellos der Ort, an dem Jesus gekreuzigt wurde und an dem sich sein Grab befand (in sehr geringer Entfernung vom Ort der Kreuzigung, siehe Johannes 19,41). Und gerade bei diesem wichtigsten, entscheidenden Ort bestätigt die Archäologie mit großer Sicherheit, dass die Grabeskirche exakt da steht, wo das Kreuz von Jesus stand. Der Ort der Kreuzigung heißt „Golgota“, was auf Hebräisch „Felskopf“ bzw. „Schädel-Ort“ bedeutet. Es war also ein Fels-Hügel, der von Weitem sichtbar war (Matthäus 27,55 / Markus 15,40). Heute ist das nicht mehr leicht zu erkennen. Aber wenn man darauf achtet, stellt man in der Kirche fest, dass man zum Ort des Kreuzes eine steile Treppe hinaufsteigen muss. An anderen Stellen in der Kirche, z.B. in der sogenannten Helena-Kapelle, kann man noch den Fels des damaligen Steinbruchs erkennen, zu dem der Golgota-Felsen gehört. Auch gibt es in der Nähe der Grabkapelle eine kleine Seitenkapelle, in der man sieht, wie die Grabnischen zur damaligen Zeit ausgesehen haben.  

 

Auch die Aspekte der biblischen Berichte, die wir nicht mit bloßem Auge erkennen können, werden von der Archäologie belegt: Heute liegt die Kirche mitten in der Stadt. Damals aber lag die Stelle außerhalb der Stadtmauern (Matthäus 27,32 / Markus 15,20). Denn ein jüdisches Begräbnis durfte nicht innerhalb der Stadt stattfinden. Durch die Archäologie wissen wir, wie die Stadtmauer zur Zeit von Jesus verlief, und die Ausgrabungen bestätigen, dass „Golgota“ damals außerhalb der Stadt lag. Jedoch war es sehr nah bei der Stadtmauer, was wiederum den Aussagen der biblischen Autoren entspricht (Johannes 19,17.20).  

 

Fazit 

Heute hört man immer wieder, dass Menschen sagen, sie seien nicht gläubig, weil sie „an die Wissenschaft glauben“. Zwischen Christentum und Wissenschaft gibt es jedoch keinen Widerspruch. Das gilt z.B. für das Thema „Schöpfung und Evolution“ und es gilt auch hier im Falle der Archäologie. Als Christen brauchen wir keine Angst vor der Wissenschaft zu haben. Das, was von der Wissenschaft bestätigt wird, macht deutlich, dass der christliche Glaube sehr wohl plausibel und vernünftig ist. Und das gilt auch, wenn man die Erkenntnisse der Archäologie in Jerusalem sorgfältig betrachtet.  

 

Es gibt noch viele weitere Beispiele für Ortsnamen, die man in der Bibel lesen und heute in Jerusalem finden kann, z.B. das Kidrontal oder den Garten Getsemani. Bei jedem Beispiel lohnt sich der Blick auf die Archäologie. Als Gesamtergebnis lässt sich festhalten: Nicht alle Orte sind zu 100% verifizierbar, aber bei mehreren ist es möglich. Und interessanterweise ist es gerade der Ort der Kreuzigung und Auferstehung von Jesus, der am sichersten mitheutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen belegt ist! 

 

 

Patrick Kaesberg 

Katholische Kirche (Erzbistum Paderborn)

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Geändert am: 13.02.2024

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