Die verschiedenen Texte, die über das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus Christus berichten, betonen unterschiedliche Nuancen. Sie beleuchten die Ereignisse, von denen sie schreiben, aus verschiedenen Perspektiven. Das bedeutet nicht, dass sie sich widersprechen – im Gegenteil, sie lassen sich in Übereinstimmung bringen.
Die Auferstehung wird aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt
Am Anfang des Neuen Testaments stehen vier Berichte über das Leben, den Tod und die Auferstehung von Jesus Christus, die vier Evangelien. Es gab vier sogenannte „Evangelisten”, also Menschen, die die Evangelien schrieben: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Sie haben die Berichte über Jesus mit einer bestimmten Absicht und gleichzeitig für eine bestimmte Zielgruppe verfasst.
Berichte über die Auferstehung von Jesus Christus finden wir in Matthäus 28,1-10, in Markus 16,1-14, in Lukas 24,1-43 und in Johannes 20,1-29. Auch der erste Brief des Paulus an die Korinther (siehe 1. Korinther 15,3-8) enthält Informationen dazu. Tatsächlich gibt es Unterschiede in den verschiedenen Auferstehungsberichten. Es ist herausfordernd, die Berichte zu einem großen Gesamtbild zusammenzufügen. Die Auferstehung ist allerdings bezüglich der Unterschiedlichkeiten der Evangelien keine Ausnahme, im Gegenteil: Die meisten Taten von Jesus werden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Entscheidend ist, mit welcher Einstellung man selbst an die Bibeltexte herangeht: Will man sich in seiner Meinung bestätigt fühlen, dass die Bibel Widersprüche enthält? Dann wird man nicht versuchen, diese unterschiedlichen Aussagen in Übereinstimmung zu bringen. Nimmt man dagegen an, dass jedes Wort der Bibel wahr ist, dann wird man alles dafür tun, die verschiedenen Auferstehungsberichte zu einem Gesamtbild zusammenzufügen.
Unstimmigkeiten in den Berichten lassen sich in Übereinstimmung bringen
Auf den ersten Blick ist es z. B. verwirrend, wie viele Frauen am frühen Morgen des Auferstehungstages zum leeren Grab aufgebrochen sind. Matthäus berichtet von zwei (Maria Magdalena und einer anderen Maria; Matthäus 28,1), Markus von drei (Maria Magdalena, Maria, Mutter des Jakobus, und Salome; Markus 16,1), Lukas ebenfalls von drei (Maria Magdalena, Maria, Mutter des Jakobus, und Johanna; Lukas 24,10) und Johannes nur von einer (Maria Magdalena; Johannes 20,1). Eine mögliche Lösung: Wahrscheinlich war eine ganze Gruppe von Frauen zum Grab gegangen. Je nach Evangelium werden eine oder mehrere namentlich erwähnt. Der Zusatz am Ende von Lukas 24,10 („und noch andere”) unterstützt diese These. Gleichzeitig spricht Maria Magdalena in Johannes 20,2 in der Pluralform („wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben”).
Auch die Reihenfolge der ganzen Ereignisse ist zunächst verwirrend. Laut Matthäus begegnete Jesus den Frauen auf dem Rückweg (Matthäus 28,8-9). Diese wollten den trauernden Jüngern von der Auferstehung erzählen. Johannes dagegen berichtet: Maria Magdalena erzählte Petrus und Johannes vor ihrer Begegnung mit Jesus davon, dass der Leichnam von Jesus nicht mehr in der Gruft zu finden war (Johannes 20,1f). Erst nachdem die Jünger beim Grab waren und wieder nach Hause gegangen sind, begegnete Jesus Maria Magdalena.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Ereignisse abgelaufen sein könnten. Eine Lösung wäre ein zeitlicher Bruch zwischen Matthäus 28,7 („Jetzt geht schnell zu seinen Jüngern! Sagt ihnen: ‚Jesus wurde von den Toten auferweckt.‘ Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen. Auf diese Botschaft könnt ihr euch verlassen.”) und 28,8 („Die Frauen waren erschrocken und doch voller Freude. Schnell liefen sie vom Grab weg, um den Jüngern alles zu berichten.”). Demnach kamen die Frauen nach der Botschaft des Engels zunächst bei den Jüngern an, ohne davor Jesus begegnet zu sein. Sie berichteten ihnen vom leeren Grab. Das veranlasste Johannes und Petrus dazu, zum Grab zu gehen. Überzeugt vom leeren Grab, gingen sie verwirrt wieder nach Hause. Aus irgendeinem Grund blieb Maria Magdalena alleine vor dem Grab stehen. Hier erschien ihr Jesus persönlich (Johannes 20,11-18). Danach wollte sie zusammen mit den anderen Frauen wieder zu den Jüngern gehen. Auf dem Weg begegnete Jesus der Gruppe von Frauen (Matthäus 28,9).
An diesen beiden Beispielen wird deutlich, dass die Auferstehungsberichte der verschiedenen Evangelisten nicht so widersprüchlich sind, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte. Sie lassen sich gut in Übereinstimmung bringen, wenn man diese Möglichkeit zulässt.
Josua Welker
Bibelschule Brake e.V.