Wie heißen die zehn Gebote Gottes?

Kurze Antwort

In den Zehn Geboten sagt Gott uns Menschen, wie wir uns ihm und einander gegenüber verhalten sollen, wenn wir seinen Segen und seine Fülle erleben wollen. Die Beziehung zwischen Gott als dem himmlischen Vater und uns Menschen als seinen irdischen Kindern ist dabei die Voraussetzung, um die Gebote zu verstehen und auch zu tun.  

 

Die Gebote werden im Alten Testament zweimal aufgezählt und es gibt drei Möglichkeiten, sie zu nummerieren.

Einleitende Bemerkungen: Es ist tiefgründiger, als man denkt 

Es gibt eine einfache Antwort auf die Frage, wie die Zehn Gebote heißen, und dann gibt es eine komplexere und gleichzeitig tiefgründigere Antwort. Die einfache Antwort lautet, dass die Zehn Gebote zehn kurze Imperative sind, die Gott seinem auserwählten Volk gegeben hat. Damit wollte er seinem Volk zeigen, wie es leben soll, damit es die Fülle des göttlichen Segens erfahren kann. Die einzelnen Gebote sind kurz und zumindest auf den ersten Blick sehr leicht zu verstehen.  

 

Zur tieferen Ebene werden wir gleich kommen. Zuerst soll erwähnt werden, dass die Zehn Gebote zweimal im Alten Testament, der Heiligen Schrift der Juden und der Christen, erscheinen, einmal in 2. Mose 20,1-17 und einmal in 5. Mose 5,4-21. Zwischen den beiden Versionen gibt es nur einen deutlichen Unterschied, nämlich die Begründung für das Sabbatgebot. In 2. Mose heißt es, dass Israel ruhen soll, weil Gott selbst bei der Schöpfung geruht hat (2. Mose 20,11), laut 5. Mose soll Israel ruhen, weil Gott es aus der Sklaverei befreit hat (5. Mose 5,15). 

 

Auflistung der ZehnGebote und ihre Zählweisen 

Es gibt drei unterschiedliche Zählweisen der Zehn Gebote. Die folgende Darstellung der Fassung aus 2. Mose 20 folgt der Tradition der reformierten Kirchen:  

2. Mose 20,1-17

Gott sprach alle diese Worte: Ich bin der Herr, dein Gott! Ich habe dich aus dem Land Ägypten herausgeführt – aus dem Leben in der Sklaverei. 

1. Du sollst neben mir keine anderen Götter haben! 

2. Du sollst dir kein Bild von Gott machen! Nichts, was im Himmel und auf der Erde ist und im Wasser unter der Erde, kann ihn darstellen. Du sollst keine anderen Götter anbeten und verehren! Denn ich bin der Herr, dein Gott. Ich bin ein eifersüchtiger Gott: Die mir untreu werden, lasse ich nicht davonkommen. Wenn die Väter Schuld auf sich geladen haben, ziehe ich auch die Kinder zur Verantwortung – bis zur dritten und vierten Generation. Doch die mich lieben und meine Gebote befolgen, erfahren meine Güte noch in tausend Generationen. 

3 Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen! Denn wer das tut, den wird der Herr bestrafen. 

4. Du sollst an den Sabbat denken! Er soll ein heiliger Tag sein! Sechs Tage in der Woche darfst du jede Arbeit tun. Aber der siebte Tag ist ein Ruhetag. Er gehört dem Herrn, deinem Gott. An diesem Tag darfst du keine Arbeit tun: weder du selbst noch dein Sohn oder deine Tochter, dein Sklave oder deine Sklavin, auch nicht dein Vieh oder der Fremde in deiner Stadt. Denn in sechs Tagen hat der Herr den Himmel, die Erde und das Meer gemacht – mit allem, was dort lebt. Aber am siebten Tag ruhte er. Deswegen hat der Herr den Ruhetag gesegnet und ihn zu einem heiligen Tag gemacht. 

5. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren und für sie sorgen! Dann wirst du lange leben in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir geben wird. 

6. Du sollst nicht töten! 

7. Du sollst nicht ehebrechen! 

8. Du sollst nicht stehlen! 

9. Du sollst nichts Falsches über deinen Nächsten sagen! 

10. Du sollst nichts begehren, was deinem Nächsten gehört: weder sein Haus noch seine Frau, seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind, seinen Esel oder irgendetwas anderes. 

 

Daneben gibt es noch zwei andere Zählweisen. Die katholischen und lutherischen Traditionen betrachten die ersten zwei Gebote als das erste Gebot („Du sollst keine anderen Götter haben … Du sollst dir kein Bild von Gottmachen …“), sodass das dritte Gebot („Du sollst den Namen des Herrn…“) als das zweite gerechnet wird. Die Zehnzahl wird durch die Aufsplittung des letzten Gebotes erreicht: „Du sollst nichts begehren … weder sein Haus (9. Gebot)“ und „…noch seine Frau …“ (10. Gebot). 

 

Schließlich betrachtet die jüdische Tradition die Überschrift in Vers 2, „Ich bin der Herr, …“ als das erste Gebot. Die Zehnzahl wird dadurch erreicht, dass das zweite und dritte Gebot zum zweiten Gebot zusammengefasst werden.   

 

Die vordergründige Bedeutung der Zehn Gebote 

Was sind also die Zehn Gebote? Sie sind Gottes Worte an sein Volk, in denen er ihm sagt, wie es sich zu ihm (davon handeln die ersten vier Gebote) und untereinander verhalten soll (darum geht es in den restlichen sechs Geboten) 

 

Die ersten vier Gebote, die Gott in den Mittelpunkt stellen, sagen uns drei Dinge, die wir nicht tun sollen, und eines, das wir tun sollen. Wir sollen keine anderen Götter anbeten, uns kein Bild von Gott machen und den Namen Gottes nicht missbrauchen. Wir sollen den Sabbat heiligen, indem wir an ihm nicht arbeiten. Die übrigen Gebote sagen uns, dass wir eine Sache tun müssen, nämlich unsere Eltern ehren, und fünf Dinge nicht tun dürfen, nämlich töten, Ehebruch begehen, stehlen, fremdes Eigentum begehren und falsches Zeugnis gegen jemanden ablegen. 

 

Mit Ausnahme der ersten vier Gebote, die sich auf die besondere Beziehung zwischen Gott und seinem auserwählten Volk beziehen, spiegeln die übrigen ethische Normen wider, die in den meisten Kulturen der Welt zu finden sind.  

 

Ein mögliches Missverständnis und zwei Probleme 

Das ist die einfache Antwort auf die Frage, was die Zehn Gebote sind. Diese Antwort aber ist so einfach, dass sie der Bedeutung der Zehn Gebote nicht ganz gerecht wird und dadurch zu einem Missverständnis führen kann. Um die Zehn Gebote richtig zu verstehen, müssen wir erkennen, dass sie nicht nur eine Reihe von Regeln sind, die wir befolgen müssen, um entweder Gott glücklich zu machen oder ein erfolgreiches Leben zu führen.  

 

Wären die Zehn Gebote nichts weiter als das, dann wären sie nicht sehr nützlich. Zum einen sind die letzten sechs Gebote so offensichtlich, dass man keine göttliche Offenbarung braucht, um sie zu entdecken. Welche Kulturen sagen schon, dass es in Ordnung ist, zu töten, zu stehlen und Ehebruch zu begehen?  

 

Darüber hinaus gäbe es zwei wesentliche Probleme mit den Zehn Geboten, wenn sie nur als eine Reihe von Regeln verstanden würden 

 

1) Sie wären zu vage, um in jeder Lebenssituation eine klare Anleitung zu geben. (Gibt es Situationen im Leben, in denen Töten und Stehlen notwendig sein könnten? Worauf bezieht sich Ehebruchgenau?) 

 

2) Sie hätten nicht die Kraft, unseren Gehorsam ihnen gegenüber zu bewirken. Wir wissen zwar, dass wir den Besitz unseres Nachbarn nicht begehren sollen, aber das hält uns nicht davon ab, es zu tun. Und wenn wir nicht in der Lage sind, die Gebote zu befolgen, was nützen sie uns dann?  

 

Tiefgründigere Dimensionen der Zehn Gebote: Sie sind eine Antwort auf Gottes Handeln in unserem Leben 

Die Antwort auf diese Probleme liegt in der ersten Zeile der Zehn Gebote selbst: Ich bin der Herr, dein Gott! Ich habe dich aus dem Land Ägypten herausgeführt – aus dem Leben in der Sklaverei(2.  Mose 20,2). Der Gott, der diese Gebote gibt, ist keine ferne Gottheit, die hoch oben im Himmel wohnt und zusieht, wie sein Volk sich abmüht, auf der Erde richtig zu leben. Sondern er ist eine besondere Art von Gott: Er kommt in unsere Welt herab, um uns zu retten und aus der Knechtschaft zu befreien. Das tut er, damit wir in Frieden und Sicherheit in seiner Gegenwart leben können. Der Gott, der in diesen Zehn Gebotenspricht, hat sich den Menschen, denen er befiehlt, bereits zu erkennen gegeben. Sie wissen, dass er sowohl mächtig als auch bereit ist, alle ihre Ängste zu überwinden, weil er mit ihnen in Beziehung leben möchte.  

 

Folglich wissen die Menschen, denen die Gebote gegeben wurden, bereits, wie es ist, in Knechtschaft und Dunkelheit zu leben. Aber nun haben sie das Leben und die Freiheit geschmeckt, die Gott ihnen zu geben vermag und zu geben bereit ist. In diesem Zusammenhang sind die Zehn Gebote keine allgemeinen Regeln für ein moralisches Leben. Vielmehr sind sie eine Anleitung, wie ein historisches Volk, das die Macht und Güte Gottes erfahren hat, auf seine Erlösung und Gegenwart reagieren kann und soll.

  

Die Zehn Gebote wurden als Teil einer Beziehung gegeben. Ohne diese Beziehung können sie nur als langweilige und lästige Notwendigkeiten erscheinen, um deren Erfüllung wir uns bemühen müssen, so gut wir können. Innerhalb dieser Beziehung sind sie wie süßer Honig, der den Gaumen all derer erfreut, die Gottes Erlösung erlebt haben und mit Freude ihr Leben in seiner Dimension der Wirklichkeit leben wollen. (Einen Ausdruck dieser Einstellung findet man zum Beispiel in Psalm 19).  

 

Kurz gesagt: Die Gegenwart Gottes verleiht die Kraft, durch die sein Volk befähigt wird, die Gebote zu erfüllen, wenn es diese Gegenwart im Glauben empfängt. 

 

Die Zehn Gebote setzen Gottes Gegenwart voraus 

Die Gabe der Gegenwart Gottes liefert auch einen Hinweis auf die zweite Herausforderung der Zehn Gebote: wie man sie wirklich verstehen kann. Für sich allein genommen, also außerhalb der Beziehung zu Gott, sind die Gebote ziemlich vage. Wie können wir z. B. genau wissen, was es bedeutet, am Sabbat nicht zu arbeiten? Was ist Arbeit? Wenn wir die Gebote jedoch im Zusammenhang einer Beziehung zum rettenden und versorgenden Gott lesen, können wir uns an ihn wenden, um seinen Willen zu verstehen und anzuwenden.  

 

Wie bereits erwähnt, ist der Gott der Zehn Gebote ein Gott, der hier bei uns ist und uns den Weg weist, den wir gehen sollen. Aus einer ständigen und lebendigen Beziehung zu ihm heraus versucht das Volk Gottes in jeder Generation aufs Neue, seinen Willen für die sich verändernden Situationen des Lebens zu erkennen und treu umzusetzen. Das in den Zehn Geboten enthaltene Wort Gottes ist ein lebendiges Wort. Durch Gottes Heiligen Geist müssen wir immer wieder neu für seine Bedeutung sensibilisiert werden 

 

Die Erfahrungen früherer Generationen können hilfreich sein, wenn es darum geht, die Gebote für die Gegenwart zu interpretieren. Die Ausführungen in Martin Luthers kurzem Katechismus sind ein bekanntes Beispiel.  

 

Die Zehn Gebote, Jesus und die Kirche 

Ein Letztes muss noch gesagt werden über die Gott-Mensch-Beziehung als den richtigen Kontext für das Hören und Befolgen der Zehn Gebote. Schon die Propheten des Alten Testaments erkannten, dass das menschliche Herz zu hart ist, um Gott völlig zu vertrauen und ihm treu zu gehorchen (siehe z.B. Jeremia 31,31-34). Was wir brauchen, ist ein neues, verwandeltes Herz.  

 

Christen glauben, dass mit der Sendung von Gottes Sohn, Jesus Christus, dieses Herz für uns alle vorbereitet worden ist. Diejenigen, die ihn aufnehmen, sind wiedergeboren. Sie werden in eine neue, wiederhergestellte Beziehung zu Gott hineingeboren. Trotzdembleibt das alte Muster der Beziehung Gottes zu Israel durch die Erlösung aus der Sklaverei gültig: Gott kommt in erlösender Liebe zu uns, wir antworten in freudigem Gehorsam und bleiben so mit ihm in Beziehung.  

 

So werden die alten Worte der Zehn Gebote weiterhin vom Heiligen Geist benutzt, um die Kirche Gottes in der Gegenwart zu leiten. Die Zehn Gebote heißen also das, was der lebendige Gott seinen Kindern durch diese Worte immer neu sagt. 

 

 

Dr. Philip Sumpter  

Vereinigte Deutsche Missionshilfe (https://www.vdm.org/) 

Cornerstone Bible College for Mission Training (https://www.cornerstonecollege.eu/  

Biblisch-Theologische Akademie Wiedenest (https://www.wiedenest.de/bta) 

Informationen
Geändert am: 13.05.2025

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