Es ist unmöglich, eine Liste aller Bibelstellen über Jesus Christus zu erstellen. Im Neuen Testament ist Jesus die zentrale Person und der große Anlass für alle Texte darin. Sie stellen das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus dar und besprechen, was daraus für die Menschheit folgt. Dabei stehen sie in der Tradition und Geschichte des Alten Testaments, das Erwartungen und Ankündigungen über das Kommen eines „Gesalbten“ enthält, die im Neuen Testament von Jesus erfüllt werden.
Die Bibel ist in zwei große Abschnitte eingeteilt, das sogenannte Alte und Neue Testament. Die Geburt von Jesus Christus markiert den Beginn des Neuen Testaments. Deshalb finden sich besonders im Neuen Testament Bibelstellen, die den Namen Jesus oder Jesus Christus enthalten. Aber auch im Alten Testament finden sich Hinweise auf einen Retter, von denen Christen glauben, dass sie sich in Jesus erfüllt haben. Weil das Alte Testament vor der Geburt von Jesus entstanden ist, wird im Alten Testament viel weniger direkt und konkret über diesen Retter gesprochen als im Neuen Testament. Deshalb ergibt es Sinn, die beiden Text-Sammlungen gesondert zu betrachten.
Jesus Christus im Neuen Testament
Jesus Christus ist die wichtigste Person im Neuen Testament. Ohne ihn ist das Neue Testament unvorstellbar. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass viele Bibelstellen im Neuen Testament von Jesus handeln. Den Namen Jesus findet man darin über 900-mal.
Das Leben von Jesus in den Evangelien
Vier Bücher erzählen ausführlich aus dem Leben von Jesus auf der Erde, jeweils aus einer eigenen Perspektive. Es sind die Bücher Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Sie werden Evangelien genannt, mit ihnen beginnt das Neue Testament. Obwohl sie sich in manchen Punkten unterscheiden, berichten sie alle sehr ausführlich von der Kreuzigung von Jesus (Matthäus 27, Markus 15, Lukas 23 und Johannes 18–19) und von seiner Auferstehung (Matthäus 28, Markus 16, Lukas 24 und Johannes 20–21). Außerdem finden sich darin Bibelstellen, in denen Jesus Wunder tut (z.B. Johannes 11,1-46 oder Markus 8,1-9), seine Jünger lehrt (z.B.Matthäus 5-7) oder Gleichnisse erzählt (z.B. Lukas 15,11-32). Die Geburt von Jesus wird insbesondere bei Matthäus und Lukas erzählt (Matthäus 1–2, Lukas 1–2, insbesondere Lukas 2,1-20). Das Markusevangelium steigt direkt mit der Taufe von Jesus durch Johannes den Täufer ein (Markus 1) und das Johannesevangelium beginnt mit einem sogenannten „Prolog“, einer Art Vorwort über die Menschwerdung von Jesus, bevor die Erzählung ebenfalls mit Johannes dem Täufer und der Taufe von Jesus einsetzt (Johannes 1).
Jesus in den Briefen
Neben den Evangelien machen Briefe einen Großteil der Texte des Neuen Testaments aus. Die meisten von ihnen schrieb der Apostel Paulus. Auch in ihnen spielt Jesus und das, was er getan hat, die zentrale Rolle. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei meist nicht darauf, zu zeigen, wie Jesus auf der Erde gelebt hat, so wie es in den Evangelien ist, sondern darauf, was das Sterben und Auferstehen von Jesus für die bedeutet, die an ihn glauben (z. B. Römer 6,8-11). Man kann also etwas vereinfachend sagen, dass die Briefe die Folgen dessen besprechen, was Jesus getan hat. Dies geschieht zum einen in Erklärungen, wie beispielweise im Römerbrief, besonders in Römer 1–8. Darüber hinaus gibt es Bibelstellen, die Jesus für sein Handeln loben, solche, die seine Herrschaft bekunden, und solche, die ihn zum Vorbild machen. Alles drei kommt im Brief von Paulus an die Gemeinde in Philippi, in Philipper 2,5-11 zusammen:
„Denkt im Umgang miteinander immer daran, was in der Gemeinschaft mit Christus Jesus gilt: Er war von göttlicher Gestalt. Aber er hielt nicht daran fest, Gott gleich zu sein – so wie ein Dieb an seiner Beute. Er legte die göttliche Gestalt ab und nahm die eines Knechtes an. Er wurde in allem den Menschen gleich. In jeder Hinsicht war er wie ein Mensch. Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis in den Tod – ja, bis in den Tod am Kreuz. Deshalb hat Gott ihn hoch erhöht: Er hat ihm den Namen verliehen, der hoch über allen Namen steht. Denn vor dem Namen von Jesus soll sich jedes Knie beugen – im Himmel, auf der Erde und unter der Erde. Und jede Zunge soll bekennen: ‚Jesus Christus ist der Herr!‘ Das geschieht zur Ehre Gottes, des Vaters.“
Jesus wird hier für sein Handeln gelobt (Philipper 2,6-8) und als Herrscher über die ganze Welt ausgerufen (Philipper 2,9-11). Beides geschieht im Kontext von Handlungsanweisungen an die Gemeinde in Philippi, deren Mitglieder aufgerufen werden, einander in Liebe zu begegnen, so wie Jesus, ihr Vorbild, ihnen in Liebe begegnet ist (Philipper 2,5). In die vier Kategorien Erklärung, Lob, Herrschaftsbekundung und Vorbild lassen sich die meisten Texte einordnen, die Paulus über Jesus schreibt. Einige weitere Kerntexte sind Römer 1,3-4; Römer 3,21-26; Römer 5; 1. Korinther 15,1-8 oder Galater 2,20.
Neben den Paulusbriefen spricht auch der Hebräerbrief ausführlich über Jesus. Das Besondere am Hebräerbrief ist sein Bezug zum Alten Testament. Unter zahlreichen Verweisen auf Texte aus dem Alten Testament wird darin beschrieben, wie Jesus die Engel (Hebräer 2,9), Mose (Hebräer 3,3-4) und den Hohenpriester (Hebräer 9,11-12) übertrifft. Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab, an der Hoffnung auf Jesus, also am Glauben an ihn, festzuhalten (Hebräer 10,19-25).
Jesus in der Offenbarung
Die dritte große Textgattung des Neuen Testaments nennt man „Apokalypse“. Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Offenbarung“. Dieses Buch handelt von großen Plagen, einem zweiten Kommen von Jesus, dem letzten Gericht und dem neuen Jerusalem, dem neuen Himmel und der neuen Erde. Jesus wird darin als herrlich und majestätisch (Offenbarung 1,12-18), als erhobenes Lamm Gottes auf dem ewigen Thron (Offenbarung 5,12-13) und als König aller Könige und allem Lebendigen dargestellt (Offenbarung 19,11-16).
Jesus Christus im Alten Testament
Die „Messiaserwartung“
Weil das Neue Testament mit der Menschwerdung und Geburt von Jesus beginnt, kommt der Mensch Jesus aus Nazaret im Alten Testament nicht vor. Immer wieder finden sich allerdings Zeichen dafür, dass Menschen zur Zeit des Alten Testaments einen Retter von Gott erwartet haben und dass Gott diesen durch seine Propheten angekündigt hat. Dieser Retter wird im Alten Testament „Messias“ genannt, was „der Gesalbte“ bedeutet. Dieser Begriff verweist auf die ganz sicher kommende, aber noch nicht angebrochene Herrschaft des Retters. Man spricht daher von einer sogenannten „Messias-Erwartung“ im Alten Testament. Beispiele hierfür gibt es häufig in den Psalmen. Ein Beispiel ist Psalm 2, der von einem gesalbten Sohn Gottes spricht, dem Gott die Herrschaft über die Völker, die Israel bedrohen, geben wird. Weitere Psalmen, die eine Messias-Erwartung ausdrücken, sind z. B. Psalm 72 und Psalm 110.
Diese Psalmen spiegeln alle die Erwartung eines kommenden Königs wider, die auf den ewigen Bund Gottes mit David zurückgeht, der ihm und seinen Nachkommen ewige Herrschaft verheißt (2. Samuel 7,12-14). Daneben finden sich besonders in den Büchern der Propheten Ankündigungen Gottes über seinen Messias. So wird z. B. die Jungfrauengeburt (Jesaja 7,14) in Betlehem (Micha 5,1-4) und die ewige, gute Herrschaft (Jesaja 9,5-6) des Gesalbten sowie dessen Einzug in Jerusalem auf einem Esel (Sacharja 9,9) vorhergesagt. Eindrücklich schildert auch das Danielbuch eine Vision vom Menschensohn, dem von Gott ewige Herrschaft gegeben wird (Daniel 7,13-14). Hier finden sich zahlreiche Parallelen zu den Darstellungen von Jesus in den Evangelien. Jesus bezeichnet sich als „Menschensohn“ (Matthäus 8,20), wird von einer Jungfrau in Betlehem geboren (Lukas 1–2) und zieht auf einem Esel in Jerusalem ein (Markus 11).
Der „Gottesknecht”
Ein weiterer Kernabschnitt der alttestamentlichen Messias-Erwartung sind die sogenannten „Gottesknechtslieder“ im Buch Jesaja. Dort wird ein leidender Gottesknecht beschrieben, der die Schuld des Volkes auf sich nimmt und von Gott geschlagen ist (Jesaja 53,4-5). Er ist beauftragt, das Volk Israel, das von Gott abgekommen ist, zu sammeln und den anderen Völkern ein Licht zu sein (Jesaja 49,6). Auch diese Stellen drücken eine Erwartung aus, die sich für die Schreiber des Neuen Testaments in Jesus erfüllt hat.
Jesus Christus taucht im Alten Testament also nicht als Person auf. Aber es finden sich viele Hinweise auf ihn, die eine Erwartung des Alten Testaments auf sein Kommen widerspiegeln. Die Schreiber des Neuen Testaments greifen diese Erwartungen auf und zeigen, wie Jesus von Nazaret sie erfüllt hat und sogar über sie hinausging.
Zusammenfassung
Es ist also so gut wie oder sogar ganz unmöglich, eine Liste aller Bibelstellen über Jesus Christus zu erstellen. Im Neuen Testament ist Jesus die zentrale Person, um die sich alles dreht. Er ist der große Anlass für alle Texte, die Paulus oder die anderen Schreiber des Neuen Testaments verfasst haben. Sie stellten das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus im ersten Jahrhundert nach Christus dar und besprachen, was aus seinem Leben, Sterben und Auferstehen und aus der Erwartung, dass Jesus einmal als herrlicher König wiederkommen und die ganze Erde neu machen würde, für die Menschheit folgte. Sie standen dabei in der Tradition und Geschichte des Alten Testaments. Dieses enthält Erwartungen und Ankündigungen über das Kommen eines „gesalbten“ Retters und „Gottesknechtes“, der die Schuld der Menschen trägt, Frieden bringt und ewig herrschen wird. Diese Erwartungen und Ankündigungen werden im Neuen Testament und vom Christentum auf Jesus gedeutet.
Jonas Reif
Gemeindereferent in der Kirche im Südviertel FeG in Gießen