Die vier „Evangelien“ in der Bibel enthalten vieles, was Jesus Christus gesagt hat: kurze Sätze und längere Reden, Bildergeschichten und Gespräche mit Freunden und Gegnern. Vermutlich wurden viele Worte von Jesus schon vor seinem Tod notiert und weitergegeben. Nach Ostern haben Augen- und Ohrenzeugen von Jesus seine Worte gesammelt. So kamen sie in die Evangelien.
Die vier Berichte über Jesus Christus, die in der Bibel stehen, nennt man „Evangelien“. Sie tragen die Namen ihrer Autoren: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Diese Evangelien berichten von dem, was Jesus tat und was er erlebte (einschließlich Tod und Auferweckung), und sie enthalten viele Worte von ihm.
Was Jesus sagte, kann man in verschiedene Kategorien einteilen.
Einzelsprüche und kurze Redeabschnitte
Im Stil eines jüdischen Lehrers („Rabbi“) hat Jesus oft kurze Sätze und Bildworte formuliert; seine Freunde und Schüler konnten diese leicht auswendig lernen. Damals gab es noch keine Notizblöcke und Kugelschreiber, geschweige denn Handys mit Diktierfunktion. Das Memorieren war die wichtigste Methode, um sich etwas zu merken und einzuprägen. Man „bewegte die Worte im Herzen“ (so hat es auch Maria mit den Worten gemacht, die sie von den Hirten hörte, vgl. Lukas 2,19). Eben „learning by heart“.
Beispiele solcher Sprüche:
„Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch abmüht und belastet seid! Ich will euch Ruhe schenken.“ (Matthäus 11,28)
„Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da.“ (Markus 10,14)
„Ich bin der gute Hirte.“ (Johannes 10,11)
Gleichnisse
Jesus hat viele Beispielgeschichten erzählt und Bildworte gebraucht. Sie waren anschaulich und einprägsam. Oft nahm Jesus sie aus dem Alltag seiner Zuhörer. Viele solcher Gleichnisse erklären in landwirtschaftlichen Bildern, was das Reich Gottes ist und wie es wächst. In anderen Geschichten schilderte Jesus, wie Gott ist oder wie wir uns verhalten sollen.
Beispiele:
Der Sämann und die Frucht (Markus 4,3-8 und 26-29)
Der verlorene Sohn (Lukas 15,11-32)
Der barmherzige Samariter (Lukas 10,30-37)
Der reiche Mann und der arme Lazarus (Lukas 16,19-31)
Längere Reden
Am bekanntesten ist die „Bergpredigt“ (Matthäus 5–7). In ihrer Mitte steht das Gebet „Vaterunser“ (Matthäus 6,9-13). In dieser Rede findet man einige der bekanntesten Sätze von Jesus, zum Beispiel „Glückselig sind die, die Frieden stiften“ (Matthäus 5,9) oder „Liebt eure Feinde“ (Matthäus 5,44), aber auch das eindrückliche Gleichnis vom Hausbau auf Sand oder auf Fels (Matthäus 7,24-27). Auch die „goldene Regel“ steht in der Bergpredigt: „Behandelt andere Menschen genauso, wie ihr selbst behandelt werden wollt“ (Matthäus 7,12). Teile der Bergpredigt hat auch Lukas überliefert.
Weitere Reden sind beispielsweise die Abschiedsreden (Johannes 14–16) oder die Rede über die Endzeit (Matthäus 24–25).
Gespräche
Immer wieder berichten die Evangelien von Dialogen, die Jesus mit Freunden und Gegnern geführt hat. Manchmal sprach er auch mit Pharisäern oder mit Theologen in Jerusalem.
Beispiele für Dialoge mit Pharisäern: Matthäus 12,9-14; Markus 8,11; Markus 10,2-9. Beispiel für Anklagen gegen Schriftgelehrte und Pharisäer: Matthäus 23.
Die vier Evangelien enthalten unterschiedlich viele Worte von Jesus. Am wenigsten überliefert das Markusevangelium (es ist auch das kürzeste). Die Bergpredigt und einige andere längere Reden stehen im Matthäusevangelium. Nur manche von ihnen finden sich wortgleich auch im Lukasevangelium; aber Lukas überliefert mehr Gleichnisse. Ganz andere Worte als bei Matthäus, Markus und Lukas finden wir im Johannesevangelium. Dort stehen vor allem viele Selbstaussagen von Jesus („Ich bin”-Worte) und die lange Abschiedsrede mit einem berühmten Gebet (Johannes 14–16 und 17).
In aller Unterschiedlichkeit bilden die vier Evangelien einen großen und interessanten Gleichklang von dem, was Jesus lehrte. Augen- und Ohrenzeugen von Jesus haben schon vor und dann nach Ostern weitergegeben, was sie gesehen und gehört haben. Schon im Judentum war es sehr wichtig, Gottes Worte so genau und treu wie möglich weiterzugeben. Genauso machte man es auch mit den Worten von Jesus Christus. In der theologischen Wissenschaft wird seit langem überlegt, ob es eine (schriftliche) Sammlung von Jesusworten (eine „Logien-Quelle“) gab, bevor die Evangelien aufgeschrieben wurden. Das kann sein, bleibt aber nur eine Vermutung.
Ulrich Mack