Ohne Jesus Christus gäbe es keinen Grund, Ostern zu feiern. Nach seiner Hinrichtung am Karfreitag war Jesus für tot erklärt worden (Markus 15,44-45). Er ist aber nicht tot geblieben. Gott, von dem alles Leben kommt, hat ihn aufgeweckt. Jetzt lebt er jenseits der Todesgrenze in Gottes Dimension, die wir „Ewigkeit“ nennen. Für Christen ist die Tatsache der Auferstehung von Jesus das Haar, an dem der christliche Glaube hängt (1. Korinther 15,14-20).
Warum es zu Ostern kam
Dass Menschen und Tiere sterben müssen, ist – wenn wir der Bibel glauben – kein vom Schöpfer gewollter,„natürlicher“ Vorgang. Gott schuf die Lebewesen, weiler auf Dauer mit ihnen leben wollte. Diese Dauerbeziehung setzte allerdings ein ungebrochenes Vertrauen der Menschen zu Gott voraus. Die Menschen konnten das nicht durchhalten. Sie glaubten nicht, dass Gottes wirklich gut mit ihnen meinte. Schließlich enthielt er ihnen auch Attraktives vor (vgl. 1. Mose 3,1-6). Die Konsequenz war u. a., dass Gott sie aus seinem Bereich, dem „Paradies“, wies. Er setzte ihrem Leben eine Grenze (vgl. 1. Mose 3,24). In der weiteren Geschichte erlebten die Menschen zwar viele Erfolge und Fortschritte, akzeptierten aber weiterhin Gottes Ordnung für sich nicht. Dadurch wurden sie auch ihren Mitmenschen gegenüber schuldig.
Weil aber Gott und das Böse sich wie Feuer und Wasser gegenseitig ausschließen, musste das Böse überwunden und die Schuld aller Menschen gesühnt werden. Ein „normaler“ Mensch wie du und ich konnte das nicht tun. Deshalb kam Gott in der Person von Jesus von Nazareth zur Welt. Ihm konnte niemand Schuld nachweisen. Er starb am Karfreitag unschuldig am Kreuz für unsere Schuld. Gott hat sich zu ihm bekannt, indem er ihn zwei (nach jüdischer Zählweise: drei) Tage danach zu neuem Leben auferweckte. Und vierzig Tage später nahm er ihn aus dieser Menschenwelt in seine Gotteswelt auf (vgl. 2. Korinther 5,21; Hebräer 2,17-18; Hebräer 4,15; Hebräer 9,12-15).
Auferweckungen und Ostern
Nach biblischem Bericht wurden schon in der Zeit vor Jesus Christus ein paar wenige wirklich Tote durch Menschen in Gottes Kraft und Auftrag zum Leben auferweckt (1. Könige 17,19-22; 2. Könige 4,32-35). Auch im Neuen Testament gibt es einige Auferweckungsberichte. Jesus und seine frühen Nachfolger haben Menschen auferweckt (Lukas 7,11-15; Matthäus 9,18-25; Johannes 11,43-44; Apostelgeschichte 9,40; Apostelgeschichte 20,10). Ihnen allen wurde dadurch allerdings lediglich eine Verlängerung ihres irdischen Lebens geschenkt. Der Tod wartete später auch auf sie. Dagegen wurde Jesus am Ostermorgen zu neuem, d. h. zu einer anderen Art von Leben auferweckt. Nämlich zu einem Leben, das nicht mehr vom Tod begrenzt war und das wieder ein Zusammensein mit Gott wie vor dem sogenannten „Sündenfall“ möglich machte.
War Jesus Christus wirklich tot?
Manchmal wird behauptet, Jesus sei am Karfreitag „nur scheinbar“ tot gewesen. Er sei dann in der Kühle des Grabes durch die Erschütterung des Erdbebens, von dem in Matthäus 28,2 die Rede ist, wieder zu sich gekommen. Dagegen spricht aber, dass Personen, die etwas von Hinrichtungen und in diesem Zusammenhang auch vom Totsein verstanden, den Tod von Jesus feststellten: (1) Die mit der Hinrichtung am Kreuz beauftragten römischen Legionäre „sahen, dass er [Jesus] schon gestorben war“ (Johannes 19,33). Sie verzichteten deshalb darauf, ihm die Beine zu brechen, um den Sterbevorgang zu beschleunigen, wie es sonst häufig geschah. (2) Dafür wandten sie eine andere, ebenfalls sichere Methode zur Feststellung des eingetretenen Todes an: „... einer der Soldaten stieß mit einer Lanze in seine [Jesus’] Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.“ (Johannes 19,34) So eine Lanze war deutlich größer als ein Messer. Ein Stich in die Herzgegend (so ist es wohl gemeint) hätte vermutlich allein schon ausgereicht, um den Tod herbeizuführen. Dass „Blut und Wasser“ bereits erkennbar getrennt austraten, belegte auch medizinisch den eingetretenen Tod. (3) Als der befehlshabende Offizier„sah, dass er [Jesus] so verschied, sprach [er]: Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (Markus 15,39) (4) Schließlich ist der römische Gouverneur Pontius Pilatus zu erwähnen, dessen Urteil letztlich zur Hinrichtung von Jesus geführt hatte. Er ließ nämlich den Offizierkommen und erkundigte sich bei ihm, ob Jesus wirklich schon gestorben sei (vgl. Markus 15,44-45). Das alles lässt wenig Spielraum für solide historische Argumente für einen angeblichen Scheintod.
Was genau passierte an Ostern?
Die Frage nach den genauen Umständen der Auferweckung von Jesus beantwortet das Neue Testament nicht – ganz einfach deshalb, weil niemand dabei gewesen ist. Die Freunde und Anhängerinnen von Jesus Christus konnten lediglich von Begegnungen mit dem Auferstandenen am Ostertag und danach berichten. Diese Berichte sind in die Evangelien des Neuen Testaments eingeflossen. Dabei verzichtete man darauf, den historischen Ablauf zu korrigieren, um die Glaubwürdigkeit der Berichte zu erhöhen. (1) Alle vier Evangelien (nach Matthäus, Markus, Lukas, Johannes) berichten übereinstimmend, dass Frauen als erste dem Auferstandenen begegnet sind. Für damalige Zeitgenossen war das unvorstellbar, weil Frauen etwa nach jüdischem Recht vor Gericht nicht als Zeugen anerkannt wurden. (2) Die Anhängerschaft von Jesus wartete darüber hinaus nach dessen Hinrichtung nicht etwa euphorisch auf seine Auferstehung, die er ja sogar vorher angekündigt hatte (z. B. Matthäus 20,19). Vielmehr versteckten sie sich zunächst, waren enttäuscht und verunsichert. Sie waren im Begriff, Jesus als Hoffnungsträger abzuhaken und wieder in ihren gewohnten Alltag zurückzukehren (vgl. Lukas 24,19-21; Johannes 21,3). Auf die ersten Leser musste dieses Verhalten eher peinlich wirken. Trotzdem haben es die Evangelisten berichtet. Gerade das macht die ersten Osterzeugen glaubwürdig. (3) Niemand kann dieTatsache in Zweifel ziehen,dass das Grab von Jesus am Ostertag leer war. Es gab keinen Leichnam von ihm, den seine Gegner gegen seine Anhänger hätten verwenden können. Sie behalfen sich mit einem Gerücht, das sie verbreiteten: Die Anhänger von Jesus hätten den Leichnam gestohlen und behaupteten jetzt, ersei lebendig. Matthäus lässt selbst diese Hypothese in seinem Evangelium nicht aus (Matthäus 28,11-15). Er muss also wirklich von der Auferstehung überzeugt gewesen sein.
Konsequenzen
Wenn Gott aber Jesus aufgeweckt hat, ist bewiesen, dass er so etwas „kann“. Dann gibt es für uns auch Hoffnung. Mit dieser Botschaft gingen die frühen Christen an Pfingsten an die Öffentlichkeit. In den uns erhaltenen frühchristlichen Dokumenten, vor allem in der Apostelgeschichte des Lukas und den Briefen von Petrus, Johannes und Paulus, taucht das Auferstehungsmotiv unüberhörbar immer wieder auf. Für Paulus hängt der christliche Glaube komplett davon ab, ob die Auferstehung von Jesus an Ostern wirklich geschehen ist oder nicht. Er schreibt u. a.: „Wenn aber Christus nicht auferweckt wurde, dann hat unsere Verkündigung keinen Sinn. Auch euer Glaube ist dann sinnlos. … Nun ist Christus aber vom Tod auferweckt worden, und zwar als Erster der Verstorbenen.” (1. Korintherbrief 15,14.20) Wenn das stimmt, beinhaltet die Gute Nachricht von Ostern auch für uns im 21. Jahrhundert das Angebot und die Möglichkeit, der Grausamkeit eines schwarzen Lochs, eines „Nichts-geht-mehr“ nach dem Sterben zu entgehen. Ostern macht uns Mut, unser Leben und Sterben in Gottes Hand zu geben und auf ein Leben bei Gott ohne Bedrohung durch den Tod zu hoffen.
Der Name – der Ostertermin – die Osterbräuche
Woher genau die Bezeichnung „Ostern“ kommt, ist umstritten. Manches spricht für das althochdeutsche Wort „Ostra“ oder „Eostarum“, aus dem das mittelhochdeutsche Wort „Oster(e)n“ wurde. Es bedeutet so viel wie „Morgenrot“ oder „[Sonnen-]Aufgang“. Dahinter steht das griechische Wort ëôs („Aufgang, Morgenröte“), das wiederum als Hinweis auf die Auferstehung verstanden werden kann.
Der Ostersonntag fällt nicht immer auf denselben Kalendertag (wie etwa Heiligabend immer am 24. Dezember ist). Seit dem 4. Jh. n. Chr. ist er immer am Sonntag des ersten Vollmonds nach Frühjahrsanfang oder am darauffolgenden Sonntag. Kalendarisch heißt das: Ostern ist frühestens am 22. März, spätestens am 24. April.
Auch die Hintergründe mancher Osterbräuchesowie des Osterhasen und der Ostereier sind letztlich nicht geklärt. Verschiedene Lösungen werden angeboten: Das Osterei könnte mit dem jüdischen Passamahl zusammenhängen, bei dem die Eier für Israels Fruchtbarkeit stehen. Andererseits könnte das Aufsprengen des Eies von innen durch das Küken das Aufsprengen der Macht des Todes und des Grabes symbolisieren. Das Bemalen der Ostereier könnte in Zusammenhang mit den Pachtzahlungen der Bauern an den Besitzer des Landes stehen, die früher am Gründonnerstag erfolgte. Die dafür vorgesehenen Eier waren während der vorangehenden Fastenzeit farblich markiert worden. Was den Hasen als Bestandteil von Ostervorstellungen angeht, könnten zwei biblische Sätze zur Erklärung herangezogen werden. Im Zusammenhang einer Aufzählung und Charakterisierung von verschiedenen Tierarten heißt es in Sprüche 30,26: „Die Klippdachse [früher: Hasen] sind ein schwaches Volk, aber bauen sich sichere Wohnungen in den Felsen.“ Hier könnten frühe Christen ihr felsenfestes Vertrauen abgebildet gesehen haben. Und in Psalm 104,18 lesen wir: „Im Hochgebirge hat der Steinbock sein Revier. Der Klippdachs [früher: Hase] versteckt sich in den Felsen.“ Dabei stünden die schwachen Tiere für die Menschen, die in oder bei dem Felsen Jesus Christus Schutz finden.
Dr. Heinz-Werner Neudorfer