„Blut“ bedeutet in der Bibel „Leben“. Wenn Jesus beim Abendmahl sagt: „Mein Blut wird für die vielen vergossen“ (Matthäus 26,28), dann heißt das: Mein Leben wird hingegeben, wird geopfert für die vielen Menschen.
Auch in einigen Briefen im Neuen Testament wird mit dem Wort „Blut“ der Tod von Jesus Christus mit seiner erlösenden Wirkung beschrieben. Zum Beispiel in 1. Johannes 1,7: „Dann reinigt uns das Blut von jeder Schuld, das sein Sohn Jesus für uns vergossen hat.“ Man kann diesen Satz so übertragen: „Wir sind rein; denn Jesus hat sein Leben für uns hingegeben. Damit befreit er uns von jeder Schuld.“
Wie kann man das verstehen? Hier für theologisch Interessierte ein paar Hintergründe:
„Blut ist das Leben“ (5. Mose 12,23) – diese Vorstellung zieht sich durch die Bibel (und überhaupt durch die Antike). „Im Blut ist die Lebenskraft“ (3. Mose 17,11). Wenn das Blut pulsiert, lebt der Körper. Fließt das Blut hinaus, schwindet das Leben.
Weil auch bei Tieren im Blut das Leben ist, sagen die Speiseregeln des Alten Testaments (und des Judentums bis heute): „Das Blut darfst du nicht essen!“ (5. Mose 12,16) – mit manchen Folgen für die Verarbeitung des Fleisches (Schächtung usw.).
Die Vorstellung „Blut ist Leben“ zeigt sich auch in den Opferanweisungen im Alten Testament. Da sagt Gott: „Denn im Blut ist die Lebenskraft. Deshalb habe ich das Blut dazu bestimmt, dass ihr es am Altar verwendet. Dort sorgt es für Versöhnung zwischen mir und euch. Denn das Blut mit seiner Lebenskraft ist es, das für Versöhnung sorgen kann“ (3. Mose 17,11).
Dahinter steckt die Einsicht: Der Mensch ist vor Gott ein Sünder. Er hat sein Leben verwirkt. Eigentlich verdient er den (ewigen) Tod. Aber Gott will das nicht. Darum bietet er einen anderen Weg an: Gott gibt ein Opfertier, das stellvertretend für den Menschen stirbt. Das „Blut“ meint das Leben des Opfers. Durch dessen Tod kann der Mensch wieder mit Gottversöhnt leben (siehe auch 3. Mose 1,4). Gott und Mensch sind wieder verbunden.
Auch beim Bundesschluss spielt das Blut eine Rolle. Wir kennen das z. B. von „Blutsbrüdern“. Der Gedanke dahinter: Ich stehe mit meinem ganzen Leben für die Verbindung mit dir ein. Das gilt auch für den Bund zwischen Gott und dem Volk Israel. 2. Mose 24,8 berichtet: „Mose nahm das Blut, sprengte es über das Volk und sagte: ‚Mit diesem Blut wird der Bund besiegelt!‘“
Auf diesem Hintergrund wird der Sinn der Worte deutlich, die Jesus beim Abendmahl sagte. Am Ende des Mahls nahm Jesus den Weinbecher, sprach ein Dankgebet über ihm und sagte: „Das ist mein Blut. Es steht für den Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Mein Blut wird für die vielen vergossen werden zur Vergebung ihrer Sünden.“ (Matthäus 26,28)
Das Wort „Blut“ wird hier zum Inbegriff der ganzen Lebenshingabe von Jesus. So ist 1. Johannes 1,7 zu verstehen (siehe oben). In Epheser 1,7 zeigt Paulus, dass wir „durch sein Blut die Erlösung“ haben.
Es gibt noch eine Reihe anderer Bibelstellen, in denen das Blut Jesu als Synonym für seinen Tod verstanden wird. D. h. es steht für seine Lebenshingabe und wird dadurch die Grundlage des neuen Bundes (z. B. Hebräer 12,24 und Hebräer 13,20).
Ulrich Mack