Warum hatte Jesus Christus keine Frau?

Kurze Antwort

Späte Anknüpfungen an das Pseudo-Philippus-Evangelium wollen in Maria Magdalena die herausgehobene Gefährtin oder gar Partnerin von Jesus erkennen. Die Texte, die uns früh und verlässlich über Jesus informieren, berichten allerdings nichts von einer Frau von Jesus. Wahrscheinlich gibt es aber in einem von ihnen (1. Korintherbrief) einen Hinweis darauf, dass Jesus unverheiratet war.

Die ältesten Berichte 

Eine Schülerin von Jesus, Maria Magdalena (Johannes 20,1-18), wird in den Evangelien erwähnt. Jesus hatte sie von „bösen Geistern“ befreit (Lukas 8,2). Sie war Zeugin seiner Kreuzigung (Johannes 19,25; Markus 15,40). Jesus erschien ihr als Auferstandener (Markus 16,1-8). Das verkündigte sie (Johannes 20,18). Und das ist alles, was wir über sie aus den ältesten Quellen erfahren, die von Zeitzeugen aus dem 1. Jh. n. Chr. stammen. 

Spätere Fantasien 

In einem Text (Evangelium des Philippus) aus dem 2.–4. Jh. wird Maria Magdalena Gefährtinvon Jesus genannt. Dort heißt es: Der Herr liebte Maria mehr als alle seine Schüler (Jünger) und küsste sie häufig auf den Mund... Der Text gehört zu einer ganzen Reihe von Texten ohne historischen Wert, die 1945 gefunden wurden. In ihnen wird Maria statt Petrus bisweilen zur „Chefin“ über alle Schüler von Jesus aber nie zu seiner Geliebten oder Frau! Die Texte wurden lange nach den vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes verfasst. Die Evangelien der Bibel entstanden zwischen 40–90 n. Chr. Viel später schufen sich Menschen, welche die Lehre und das Vorbild von Jesus in diesen vier Schriften ablehnten, neue Heilige Texte. Sie meinten, der Heilige Geist habe ihnen dafür „höhere Erkenntnisse“ eingegeben. Vielleicht versuchten sie sogar, unter falschem Namen christliche Gemeinden zu „unterwandern.“ Sie benutzten jedenfalls Namen von bekannten Jesusschülern (wie Philippus), um ihre eigenen Ansichten wie Informationen von Augenzeugen wirken zu lassen. Da aber die vier Bücher von Matthäus bis Johannes damals allen Christen längst bekannt waren, mussten spätere Autoren andere Verfassernamen wie eben „Philippus“ wählen, um Eindruck zu schinden. 

Was wollte der Pseudo-Philippus? 

Jesus war der Herr und das Vorbild aller Christen. Wer die christlichen Gemeinden nun mit neuen Jesusgeschichten aufs Glatteis führen wollte, musste schon echte Stars als Augenzeugen für Jesus aufbieten. Und genau so einer wäre Philippus gewesen – hätte er seine echten Erfahrungen aufgeschrieben! Sollte Jesus tatsächlich mit Maria so umgegangen sein, wie er es behauptete, würde sich das sicher wie ein Lauffeuer unter den christlichen Gemeinden verbreiten. Eine Sache war den Fans des Philippusevangeliums total wichtig. Genau dies war von Jesus selbst vorgelebt worden – behaupteten sie: Das Ritual des „Schlafzimmers von Mann und Frau“ (wörtlich: Das Sakrament des Brautgemachs). Dabei ging es zum Beispiel um das Küssen aller „Jünger“ und eine rituelle „Wiedervereinigung“ von Mann und Frau zum Schutz vor Geistern und Tod. Und – tada! Jesus und Maria Magdalena waren die Vorbilder dafür! So wird es zumindest in diesem angeblichen Evangelium behauptet. 

Bastle dir deinen eigenen Jesus 

Seit 2000 Jahren gibt es das: Menschen sind von Jesus fasziniert, aber den Jesus der Bibel mögen sie nicht. Sie schaffen sich ihren eigenen Jesus! Der dritte Präsident der USA, Thomas Jefferson, glaubte nicht an Wunder. Er schnitt alle Wunder von Jesus aus seiner Bibel heraus, klebte den Text wieder zusammen – und behauptete, er glaube an Jesus als Lehrer weiser Worte. 

Und genauso gibt es bis heute Menschen, die glauben möchten, Jesus „hätte was mit Maria Magdalena gehabt“, einschließlich Kindern, vielleicht sogar als Ehemann – oder, heute noch besser: ohne Trauschein! 2006 wurde das 40 Millionen Mal verkaufte Buch Sakrileg von Dan Brown verfilmt (Tom Hanks in der Hauptrolle – das weckt Neugier, wie einst der Name Philippus!). Brown nimmt die spärlichen Worte des Philippusevangeliums über Jesus und Maria, mischt sie zusammen mit anderen Maria-Legenden, etwas Bibel und Fantasy – und es wird ein Kassenschlager in kirchenkritischen Zeiten! Weg mit Kirche und ihren „verstaubten“ Traditionen – aber ein bisschen Jesus darf´s schon noch sein. Viele Jesusbücher verraten seit 200 Jahren viel über das Denken ihrer Verfasser, aber nichts über Jesus. 

Was sagt das Neue Testament? 

Jesus schätzte die Ehe (Matthäus 5,27-32; Markus 10,1-12), hatte aber selbst durch seinen „Fulltimejob“ als Wanderprediger keine Zeit für Frau und Kinder. Auch die Beziehung zu seiner leiblichen Familie trat hinter seinen Dienst zurück. Meine Familie sind die, die Gottes Willen tun wollen“, sagte Jesus seiner Mutter und seinen Geschwistern, als sie ihn bei der Arbeit störten (Markus 3,31-35; Johannes 2,1-5).  

Im ältesten und zuverlässigsten Text (54 n. Chr.) berichtet Paulus, der ein Bekannter der Familie von Jesus war, dass die Hochschätzung der Ehe, die Jesus lehrte, von allen seinen engsten Schülern und leiblichen Brüdern vorgelebt wurde (1. Korinther 9,5). Das Spannende ist: Paulus berichtet nicht nur dies, sondern fährt fort, er selbst habe für seinen „Fulltimejob“ (Reise-Prediger) die Ehelosigkeit gewählt. Dies bedeute aber nicht, so Paulus, dass er nicht dasselbe Recht zu heiraten habe wie alle Kollegen! Er habe sich nur freiwillig anders entschieden als sie. Dies schrieb Paulus wohl, weil es einige Christen in Korinth gab, die anderen die Ehelosigkeit aufzwingen wollten und womöglich Paulus als Vorbild hätten verkünden können.  

Für unsere Fragestellung ist aber wichtiger: Wäre Jesus verheiratet gewesen, dann hätte Paulus ganz sicher diesen Ehemann Jesus statt bloß dessen Brüder und Jünger als Beispiele dafür angeführt, dass er als Prediger von Jesus ganz sicher heiraten durfte, es aber nicht wollte. Denn im selben Text vertritt Paulus außerdem die Auffassung, er habe zwar dasselbe Recht wie alle Schüler und Brüder von Jesus auf finanzielle und sonstige Unterstützung, weil „der Herr“ höchstpersönlich, also Jesus, dies sogar befahl! Aber er, Paulus, verzichte freiwillig auf die Bezahlung seiner Predigtarbeit.  

Wir sehen: Wenn Paulus es kann, weist er auf die höchste Autorität für alle Christen als Vorbild hin, auf Jesus! Aber er, der die Familienangehörigen und Schüler von Jesus und ihre Ehefrauen noch persönlich kannte, konnte Jesus selbst nicht als Muster-Ehemann vor Augen führen („Ich könnte Ehemann sein – wie Jesus!“). Dies bedeutet: Paulus wusste, dass Jesus unverheiratet war. 

 

Rüdiger Fuchs 

Pastor der ev.-luth. Kirchengemeinde St. Jürgen 

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Geändert am: 11.02.2024

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