Warum glauben Muslime, dass Jesus Christus nur ein Prophet war?

Kurze Antwort

Die Person Jesus wird auch im Koran erwähnt. Dort trägt er den Namen Isa”. Im Islam ist er einer der größten Propheten. Er gilt als der Überbringer des Evangeliums (arab. Injil) für das Volk Israel. In der Bibel ist Jesus Christus mehr als nur ein Prophet. Er wird unter anderem als Sohn Gottes bezeichnet (Markus 1,1; Lukas 1,35), der die Menschen von Schuld und Sünde befreit. Damit ist er nicht nur der Überbringer einer Nachricht, er selbst ist die gute Nachricht (Evangelium) für alle Menschen.

Was ist ein Prophet im Koran? 

Der Koran, das heilige Buch im Islam, bezeichnet 25 Personen als Propheten. Darunter sind viele Namen, die auch in der Bibel zu finden sind, wie etwa Mose, Abraham, Amos und Jona. Neben diesen Propheten heißt es in Texten der islamischen Tradition, den sogenannten „Hadithen“, es habe zusätzlich noch viele weitere Propheten gegeben. Unter den Propheten gibt es eine hervorgehobene Gruppe, die Gesandten. Laut Sure 10:47 wurde zu jedem Volk ein eigener Gesandter geschickt. Man kann im Allgemeinen sagen: Die Gesandten sollen dem jeweiligen Volk den Willen Gottes überbringen. Propheten sollen die Menschen dazu anleiten, nach dem Willen Gottes zu leben.

Im Islam ist Mohammed der größte Prophet. Er wird zugleich auch als Gesandter bezeichnet, der die Offenbarung Gottes und damit die Botschaft des Islam für alle Völker überbringen soll.  

 

Wird Jesus im Koran als Prophet bezeichnet? 

Ja, Jesus wird im Koran als Prophet bezeichnet. Zunächst wird die Person Jesus in 15 Suren im Koran erwähnt. Dort trägt er den Namen Isa”. Für Muslime ist Jesus ebenso wie für Christen der Sohn der Jungfrau Maria (Sure 3:45), deshalb wird Jesus an vielen Stellen als Isa Ibn-Maryam (Jesus, Sohn der Maria) bezeichnet.     

Der Koran beschreibt Jesus als Prophet (Sure 19:30), der mit einer besonderen Schrift, dem Evangelium (im Koran: Injil), durch Allah betraut wurde. Jesus wurde als Gesandter (Sure 4:157) zu dem Volk Israel gesandt, um ihnen die Botschaft Gottes zu bringen.  

Jesus hat im Koran eine herausragende Stellung. Ihm werden wunderhaften Taten, wie Krankenheilungen und Totenauferweckungen (Sure 5:110), zugeschrieben. Einige Stellen bezeichnen ihn auch als Isa al-Masih (Jesus, der Messias; Sure 3:45; 4:171 u.a.) Kein anderer Prophet wird im Koran Messias (auf Griechisch Christos” bzw. „Christus“) genannt. 

Jesus ist im Islam also ein besonderer Gesandter und Prophet. Allerdings ist er dort voll und ganz als Mensch dargestellt, ohne Anspruch auf göttliche Identität wie im Christentum. Deshalb lehnt der Islam auch die Vorstellung ab, Jesus sei der Sohn Gottes (vgl. Sure 4:171). Für den Islam käme dies der Vorstellung gleich, es gäbe neben Allah noch einen weiteren Gott. Ebenso verneint der Islam, dass Jesus gekreuzigt worden ist (Sure 4:157). Für den Islam käme dies einer Erniedrigung des Propheten gleich. Der Koran schreibt im Gegenzug von einer Verwechslung. Ein Jesus ähnlicher Mann sei an seiner Statt ans Kreuz geschlagen worden (Sure 4:157).  

 

Warum ist Jesus in der Bibel mehr als ein Prophet? 

Ein Blick in die Bibel zeigt, dass Jesus Christus neben vielen anderen Facetten tatsächlich auch als Prophet auftrat. Damit ist gemeint, dass er Menschen zur Umkehr von ihrem gottlosen Verhalten rief. Deshalb wurde Jesus von Zeitgenossen auch immer wieder als Prophet angesehen (z.B. in Lukas 7,16). Sie stellten ihn in eine Linie mit den großen Propheten aus dem Alten Testament.  

Und doch spricht die Bibel darüber, dass Jesus Christus mehr als ein Prophet ist. An vielen Stellen wird er als Sohn Gottes bezeichnet (Markus 1,1; Lukas 1,35; Lukas 22,70 etc.). Jesus Christus ist sowohl Mensch als auch Gott. Die Göttlichkeit von Jesus kommt dabei besonders deutlich in seinen Worten zum Ausdruck: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10,30). Ebenso in seinem Anspruch auf göttliche Vollmacht (Matthäus 21,23-27, Markus 2,10 u.a.) und in seinen Reden und Wundern. Nicht nur die vier Evangelien, auch die anderen biblischen Bücher im Neuen Testament beschreiben die Göttlichkeit von Jesus.

Jesus Christus ist damit nicht nur der prophetische Überbringer einer Nachricht, er selbst ist die gute Nachricht. Die Bibel berichtet über Jesus Christus, dass er die Menschen von Schuld und Sünde befreit. Dies kann kein Mensch leisten, sondern nur Gott allein. Diese Erlösung für die Menschen geschah stellvertretend durch den Tod von Jesus Christus am Kreuz. Im Neuen Testament bedeutet der Tod von Jesus auch keine Erniedrigung, sondern eine Erhöhung: Denn sohat er die Rettung für die Menschen vollbracht. Damit war der Tod am Kreuz ein Heilshandeln Gottes (Philipper 2,8-9).  

 

Clemens Hanßmann  

Pfarrer der ev. Landeskirche in Württemberg

Informationen
Geändert am: 04.02.2024

Deine Antworten