Unser Gewissen kommentiert alles, was wir sagen und tun. Unsere Gedanken kreisen deshalb häufig um schuldhafte Verstrickungen. Wir versuchen uns vor uns selbst und vor anderen zu rechtfertigen. Oder wir verfallen in Selbstanklagen und Selbstzweifel.
Vergebung ermöglicht ein Leben im Einklang mit uns selbst und mit Gott. Der Glaube an Jesus Christus vermittelt die Hoffnung auf diese Vergebung.
Was bedeutet der Begriff „Schuld“?
Als moralische Wesen haben wir die Fähigkeit, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Deshalb können wir für unser Handeln verantwortlich gemacht werden. Der Begriff „Schuld“ bezieht sich also auf unsere Verantwortung. Allerdings können wir auch Opfer schuldhaften Verhaltens anderer sein. Von unserer Geburt an leben wir in schuldhaften Lebenszusammenhängen. Niemand hat sich beispielsweise bewusst dafür entschieden, einen alkoholkranken Vater zu haben. Aus diesem Grund spricht die Bibel nicht nur von „Schuld“, sondern auch von „Sünde“. Damit lässt sie die umfassenderen schuldhaften Zusammenhänge anklingen, in denen wir uns befinden. Schuld und Sünde haben grundsätzlich lebensfeindliche Auswirkungen und hindern uns daran, unser Leben in vollem Maße zu entfalten. Schuld und Sünde gehören also in den Bereich des Todes.
Warum Jesus die Macht hat, Schuld zu vergeben
Gott hat sich in Jesus Christus mit unserem Schicksal identifiziert. Jesus Christus lebte als Mensch auf dieser Erde, ohne selbst Schuld auf sich zu laden. Dennoch wurde er vor einem menschlichen Gericht zum Tode verurteilt. Dieses Urteil über einen vor Gott gerechten Menschen macht die menschliche Verstrickung in Sünde und Schuld offensichtlich.
Doch was bedeutet sein Tod am Kreuz? Jesus selbst hat seinen bevorstehenden Tod am Vorabend seiner Kreuzigung während eines Passahmahls gedeutet. Dabei reichte er seinen Jüngern den Kelch mit Wein und sagte: „Das ist mein Blut. Es steht für den Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Mein Blut wird für die Vielen vergossen werden zur Vergebung ihrer Sünden.“ (Matthäus 26,28)
Antiken Vorstellungen gemäß ist das Leben im Blut (3. Mose 17,11). Jesus Christus erklärte mit dieser symbolischen Handlung also, dass er sein Leben hingibt, um Schuld und Sünde zu entmachten. Gleichzeitig wird er seinen Jüngern dadurch Anteil an seinem göttlichen Leben geben. Die Auferstehung von Jesus nach drei Tagen hat bestätigt, dass seine Lebensmacht tatsächlich stärker ist als der Tod und dass er Sünden vergeben kann.
Wie kann ich Jesus Christus um Vergebung bitten?
Wenn einem die eigenen Worte fehlen, kann man sich an den Worten Davids orientieren: „Erschaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, festen Geist! Schick mich nicht fort von deinem Angesicht! Nimm deinen heiligen Geist nicht weg von mir! Lass mich wieder jubeln über deine Hilfe! Gib mir einen Geist, der dir bereitwillig folgt.“ (Psalm 51,12-14)
Wichtiger als der genaue Wortlaut ist die innere Haltung, die diese Worte ausdrücken. Ähnlich wie David in der Bibel bereut man seine Schuld.Man sucht keine Ausreden mehr und bittet um das Wirken des Heiligen Geistes, damit eine grundlegende und nachhaltige Neuausrichtung des Lebens möglich wird.
Wie kann ich mir seiner Vergebung sicher sein?
Gott vergibt nicht aufgrund unserer Bemühungen, unsere Schuld wiedergutzumachen. Er vergibt aufgrund seiner Gnade, Treue und Barmherzigkeit. Er sendet uns seinen Geist und bewirkt in uns die Gewissheit, dass uns vergeben ist. Auch sein Wort sagt uns Vergebung zu. Im ersten Brief des Johannes, Kapitel 1, Vers 9, steht: „Wenn wir aber unsere Schuld eingestehen, ist Gott treu und gerecht: Er vergibt uns die Schuld und reinigt uns von allem Unrecht, das wir begangen haben.“
Schuld ist eine spürbare Regung unserer Seele und macht sich als Angst oder Niedergeschlagenheit bemerkbar. Ähnlich nehmen wir auch Vergebung als Regung unserer Seele wahr. Sie löst Erleichterung, Freude, Frieden und neue Lebendigkeit aus.
Christliche Hilfestellungen für das Leben
Im Laufe der Geschichte haben die Nachfolger von Jesus Christus viel Erfahrung im Umgang mit Schuld und Vergebung gesammelt. Menschen, die sich mit Gott und sich selbst versöhnen möchten, finden im kirchlichen Umfeld verschiedene Hilfestellungen. Z. B. die Mahlfeier zum Gedenken an den Tod und die Auferstehung von Jesus, die von allen Christen praktiziert wird. Sie verknüpft die vergebende Barmherzigkeit von Jesus mit einer sinnlichen Erfahrung, nämlich mit dem Empfang von Brot und Wein. Die Mahlfeier in der katholischen und evangelischen Kirche wird meistens mit einer Beichte verbunden.
Darüber hinaus bietet die katholische Kirche oft Beichte (im Beichtstuhl) an. Evangelische und freikirchliche Christen suchen eher das seelsorgerliche Gespräch, wenn es um die Bewältigung von Schuld geht. Ob im Gespräch oder bei einer Mahlfeier: Nach dem Sündenbekenntnis bzw. der Beichte folgt die Zusage der Vergebung: „Dir sind jetzt deine Sünden vergeben.” Das gilt dann auch! Ich höre es und lasse es für mich gelten.
Grundsätzlich sollten wir bedenken, dass Sünde und Schuld auch eine soziale Dimension haben. Darauf weist unter anderem das Gebet hin, das Jesus seine Jünger gelehrt hat: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ (Matthäus 6,12)
Vergebung und Lebensstil
Vergebung ist nicht Selbstzweck. Sie öffnet den Weg zu einem neuen Lebensstil. Eine veränderte Herzenshaltung ist der deutlichste Beweis für erlebte Vergebung. Menschen, die sich ehrlich ihre eigene Schuld eingestehen, fällt es leichter, andere um Vergebung zu bitten oder ihnen Vergebung zu gewähren. Sie haben das Bedürfnis, begangenes Unrecht so gut wie möglich wiedergutzumachen, um geschädigte Beziehungen wiederherzustellen.
Zusammenfassung
Vergebung bedeutet nicht, dass wir von den Konsequenzen unserer Handlungen befreit werden. Sie bedeutet jedoch, dass wir vor Gott gerechtfertigt sind und die Möglichkeit haben, ein neues Leben in seiner Gnade zu führen. Die Gewissheit der Vergebung durch Jesus Christus entlastet uns. Sie vermittelt uns inneren Frieden und stärkt unsere Hoffnung. Sie ermöglicht uns, unser Leben im Einklang mit uns selbst und mit Gott zu führen.
Pastor Ulrich Schlittenhardt
Christus-Gemeinde Remchingen-Pfinztal e.V.
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Mosaik, Gemeinde der Nehemia Initiative e.V.
https://www.nehemia-initiative.de