Wie und warum wurde Jesus Christus gekreuzigt?

Kurze Antwort

Die Kreuzigung war eine grauenvolle Hinrichtungsmethode. Dass Jesus Christus sie erlitt, ist dramatisch, aber aus Sicht des Neuen Testamentes notwendig.

Kreuzigung? – Was ist das überhaupt? 

 

Die Kreuzigung kann man nur zu Recht als eine der grausamsten Folterungs- und Hinrichtungsmethoden bezeichnen. Im Römischen Reich war sie eine gängige Praxis, um entlaufene und rebellische Sklaven oder Nichtrömer, die sich als Aufrührer gegen das römische Regime auflehnten, zu bestrafen. Auf höchst sadistische Weise wurde der Verurteilte im Vorfeld und am Kreuz nicht nur durch Worte, sondern insbesondere durch körperliche Misshandlungen entehrt und gedemütigt. Die am Kreuz Hingerichteten sollten ein abschreckendes Beispiel dafür sein, sich der römischen Macht besser zu ergeben und die „Pax Romana“, den römischen Frieden, nicht zu gefährden.  

 

Wie lief die Kreuzigung von Jesus ab? 

 

Jesus wird ausgepeitscht und verspottet 

 

Nachdem der römische Statthalter Pilatus Jesus auf Druck der führenden jüdischen Elite zum Tod am Kreuz verurteilt hatte, ließ er ihn von den Soldaten zunächst auspeitschen (Matthäus 27,26; Markus 15,15; Johannes 19,1). Jesus wurde vermutlich schon für die Geißelung entkleidet (Matthäus 27,28). Ausgepeitscht wurde mit einer mehrgliedrigen Lederriemenpeitsche, dem sogenannten Flagrum. An den Enden dieser Peitschen waren neben Bleikugeln auch Knochenstückchen oder Nägel eingearbeitet. Während die Metallkugeln Blutergüsse hervorriefen, rissen die Knochenstücke oder Nägel wie Widerhaken die Hautdecke an den Schultern, dem Rücken und den Beinen auf. Dies führte neben qualvollen Schmerzen bereits zu einem enormen Blutverlust. Nicht selten starben Verurteilte schon bei der Geißelung. 

 

Um ihren Spott mit Jesus zu treiben, legten die Soldaten Jesus im Anschluss an die Auspeitschung einen Purpurmantel an, drückten ihm eine Krone aus Dornen auf den Kopf und gaben ihm ein Rohr als Zepter in die Hand (Matthäus 27,28f.; Markus 15,17; Johannes 19,2). Sie machten sich so über Jesus lustig, indem sie ihm auf hämische Weise mit Kniefall als „König der Juden“ huldigten (Matthäus 27,29; Markus 15,18). Dabei schlugen sie ihm ins Gesicht und mit dem Rohr auf seinen Kopf. Außerdem spuckten sie ihn an (Matthäus 27,30; Markus 15,19). 

 

Nachdem die Soldaten ihn verspottet und gedemütigt hatten, zogen sie Jesus den Purpurmantel aus und seine eigenen Kleider wieder an (Matthäus 27,31; Markus 15,20). Laut dem Johannesevangelium präsentierte Pilatus Jesus mit Dornenkrone und Purpurmantel den Juden, um Mitleid für einen in seinen Augen Unschuldigen zu erwirken. Doch das blieb ohne Erfolg. Also gab Pilatus ihrer Forderung nach und übergab Jesus der Kreuzigung (Johannes 19,16)!        

 

Jesus trägt sein Kreuz 

 

Jesus wurde gezwungen, sein Kreuz selbst aus der Stadt und zur Hinrichtungsstätte namens Golgatha zu tragen (Johannes 19,17). Mit Kreuz ist hier sicherlich der Querbalken, das sogenannte Patibulum, gemeint. Dem Verurteilten wurde der Querbalken auf beide lädierte Schultern gelegt und dann die Hände daran festgebunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei der Kreuzigung von Jesus das Patibulum später in einer Kerbe ganz am oberen Ende des Stipes, des Senkrechtbalkens, befestigt wurde. Man konnte den Querbalken auch am oberen Drittel des Pfahls oder an einen Baum befestigen. So erhielt das Kreuz entweder die Form eines großen „T“ oder kleinen „t“. 

Das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium erwähnen einen Simon von Kyrene, den die Soldaten heranzogen, um das Kreuz zu tragen. Offensichtlich brach Jesus allein schon von der körperlichen Misshandlungen im Vorfeld erschöpft unter der Last des ca. 50 kg wiegenden Patibulum zusammen (Matthäus 27,32; Markus 15,21; Lukas 23,26). 

 

Jesus wird auf Golgatha gekreuzigt 

 

Auf Golgatha angekommen, wurde Jesus zunächst an den Querbalken genagelt. Die Nägel wurden dabei nicht, wie oft dargestellt, durch die Handflächen getrieben. Stattdessen wurden sie durch die Handwurzelknochen oder zwischen Elle und Speiche eingeschlagen. Die Füße wurden etwas angewinkelt seitlich durch das Fersenbein am Senkrechtbalken festgenagelt. Manchmal wurde ein Sedile, eine Art kleiner Sitz angebracht, auf dem der Gekreuzigte sein Gesäß abstützen konnte, um seine Arme zu entlasten und das Atmen zu erleichtern. An manchen Orten war es üblich, den Gekreuzigten die Füße bzw. Unterschenkel zu brechen, um den Todeskampf abzukürzen. Das war in der Passionsgeschichte von Jesus der Fall (Johannes 19,32-33). Dann wurden die Beine auf einem kleinen Querbalken, dem Suppedaneum, positioniert. Hierdurch sollte das Abstützen, durch das der Todeskampf verlängert wurde, unterbunden werden. Eigentlich wurden die Verurteilten nackt gekreuzigt, um die Opfer noch mehr zu erniedrigen. Den Juden war jedoch ein Lendentuch oder Schamtuch gestattet.  

 

Warum wurde Jesus gekreuzigt? 

 

Die jüdische Sicht 

 

Die religiöse Elite drängte auf die Kreuzigung, weil Jesus den Anspruch erhob, der Messias zu sein. Der Messias war der rechtmäßige, von Gott eingesetzte König, der als Thronfolger Davids für immer herrschen sollte (Matthäus 26,63; Markus 14,61; Lukas 22,67-71). Im Verhör vor dem Hohen Rat erhob Jesus nicht nur den Anspruch, der Messias zu sein. Laut dem Lukasevangelium fügte er außerdem hinzu, dass er der „Menschensohn“ sei, der zur Rechten Gottes sitzt und damit Teilhaber seiner Macht wird. Damit spielte Jesus auf eine Vision des Propheten Daniel an. Darin gelangt einer, der aussieht wie ein Mensch – „der Menschensohn“ – zu Gott (Daniel 7,13). Von Gott wird ihm ein ewiges, unverbrüchliches Königtum und Macht über alle Nationen gegeben.  

So fassten die Juden richtig zusammen, dass Jesus sich als Sohn Gottes verstand. Hinter dem Begriff „Gottessohn“ verbirgt sich nicht lediglich die Beschreibung eines verwandtschaftlichen Verhältnisses. Zur Sohnschaft gehört es, in der vollen Legitimation und Vollmacht von Gott, seinem Vater, auftreten zu können (Lukas 22,70f.). Als Jesus am Kreuz hing, verspotteten sie Jesus als hilflos und ohnmächtig – von wegen Sohn Gottes und Messias, Inhaber der Macht Gottes (Matthäus 27,40; Markus 15,30). 

 

Die römische Sicht 

 

Aus römischer Sicht starb Jesus aufgrund seines Vergehens, „König der Juden“ zu sein. Pilatus ließ eine Schuldtafel über dem Kopf von Jesus am Kreuz anbringen, die das Selbstverständnis von Jesus als König als sein Verhängnis deklarierte (Markus 15,26; Lukas 23,38; Johannes 19,19). Laut dem Majestätsgesetz von Kaiser Augustus durfte sich niemand im römischen Reich selbst zum König machen. Damit beleidigte man die alleinige Majestät des Kaisers und verdiente wegen dieses Hochverrats die Todesstrafe.  

 

Die neutestamentliche Sicht 

 

Der Tod von Jesus war kein zufälliges und bedauerliches Ergebnis, das geschah, weil die politischen Umstände gerade schlecht waren. Vielmehr geschah er aus gutem Grund: 

Er war ein vollständiger Neuanfang (Offenbarung 21,5) und brachte neues Leben (Kolosser 3,3f.), Vergebung, Freispruch und Erlösung von Schuld und Sünde, die Gottes Licht und Heiligkeit für uns unerträglich machen würden. Sowie Befreiung von Gottes Zorn und dem Tod (Römer 1,18; Römer 3,23; Römer 5,12), Frieden mit Gott (Epheser 2,15f.; Epheser 6,15), freien Zugang zu Gott (Matthäus 27,51; Epheser 3,12; Hebräer 7,19; Hebräer 10,19), Kindschaft und Erbschaft (Johannes 1,11-12; Römer 8,15; Galater 4,4-7). Somit wurde diese scheinbare Niederlage von Jesus zu seinem größten Sieg. Wer auf diese Siegestat vertraut, gehört einem neuen (Herrschaftsbe-)Reich an (Kolosser 1,13) und ist damit Bürger einer neuen Welt – dem Himmel (2. Petrus 3,13; Philipper 3,20)! 

Die Bibel spricht von Jesus als dem „Lamm Gottes“, welches die Sünde der Welt (Johannes 1,29.36) und damit das Strafurteil Gottes über die Sünde stellvertretend trägt. Jesus selbst erklärte seinen Jüngern, dass sein Leiden und Sterben Vergebung und Begnadigung bedeuten und dadurch eine gute Nachricht sind (Lukas 24,47; Epheser 1,7). Jesus wurde zum Sühneopfer: Sein vergossenes Blut versöhnt uns mit Gott (Römer 3,25-26; Hebräer 2,17; 1. Johannes 2,2; 1. Johannes 4,10). 

Gott ist also nicht unser Feind, sondern er schafft Frieden als Grundlage für eine Beziehung mit uns (Lukas 2,14; Lukas 19,38; Johannes 14,27; Johannes 16,33; Römer 5,10-11; 2. Korinther 5,18-20; Kolosser 1,20; Hebräer 9,15). Wir genießen nun das Vorrecht, in seiner Nähe sein zu dürfen und überhaupt zu leben (Epheser 2,13.16). Gott sieht uns wieder als gerecht an, weil Jesus sich selbst mit der Sünde identifiziert hat und die gerechte Strafe dafür empfing (2. Korinther 5,21). Das Gesetz des Alten Testaments, hält uns unsere Schuld und Ungerechtigkeit vor und zielt darauf ab, uns für die Schuld zur Rechenschaft zu ziehen. Davon sind wir nun frei (Römer 5,1; Kolosser 2,14). Jesus hat die Forderung des Gesetzes nach Gerechtigkeit erfüllt (Galater 5,1.13). 

 

Wir wurden aber auch davon freigekauft – erlöst –, der Sünde sklavisch dienen zu müssen (1. Korinther 7,22). Unser Leben erhält durch Jesus eine neue Ausrichtung: Wir sollen nun ein Leben zur Ehre Gottes und nach Gottes Willen führen (Römer 14,17). Deshalb hat er uns aus der Gewalt der Finsternis befreit (Kolosser 1,13). 

 

Die Kreuzigung von Jesus – was für eine scheußliche Tat und was für eine unfassbare Barmherzigkeit Gottes! Pontius Pilatus und die jüdischen Hohenpriester wollen nur ihre eigene Macht retten. Aber Jesus Christus ist am Karfreitag gestorben, um die Welt zu retten. Der Glaube an den Tod von Jesus und seine Auferstehung zum Sieg über unsere Sünde führt uns auch heute zurück in die Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott. Lies einmal selbst die Berichte und über die Bedeutung dieses Ereignisses in den Evangelien im Neuen Testament (z. B. Johannes 1820). Die Kreuzigung von Jesus war kein dummer Unfall, sondern ein liebevoller Plan! 

 

„Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich’s wieder empfange. Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu empfangen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.“ (Johannes 10,17-18) 

 

 

Benjamin Mass

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Geändert am: 12.08.2024

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