Motivation ist ein viel zu schwaches Wort für das, was Jesus in Menschen auslöst. Besser passt: Jesus bewegt. Dabei manipuliert er nicht. Stattdessen sagt er die Wahrheit über sich und über uns. Seine Liebe berührt manche Menschen tief. Anderen gefällt die Begegnung mit ihm gar nicht.
Jesus möchte uns zur Nachfolge und zum Glauben bewegen. Durch den Heiligen Geist motiviert er uns nicht nur, sondern hilft ganz praktisch bei der Umsetzung.
Jesus als Motivationstrainer? Das klingt doch etwas schräg. Das Wort „Motivation“ kann man in der Bibel lange suchen. Jesus besuchte kein Motivationsseminar. Er kann kein Weiterbildungszeugnis als Motivations-Coach vorweisen. Aber motivieren kann er die Menschen wie kein Zweiter. Damals wie heute.
Manchmal frage ich mich, wie Jesus es geschafft hat, seine Jünger bei der Stange zu halten: alles aufzugeben, um mit einem mittellosen Wanderprediger auf staubigen Straßen umherzuziehen – und dann auch noch die ganze Welt zu bereisen und sogar den Tod in Kauf zu nehmen. Nur wegen des Glaubens an Jesus! Da muss Jesus seine Jünger gewaltig motiviert haben!
Trotzdem finde ich: Motivation ist viel zu wenig für das, was Jesus tut. Ich sage stattdessen: Jesus bewegt.
Bewegung
„Bewegen“ gefällt mir besser als „Motivieren“. Ich gebe zu: Auch dieses Wort findet man eher selten in der Bibel. Aber „Bewegen“ sagt viel mehr über das, was Jesus tut. Jesus bewegt die Menschen. Egal, wem er begegnet – immer bewegt er sie, immer bringt er sie zu einer Reaktion, zu einer Überzeugung. Diese Reaktionen können allerdings ganz unterschiedlich sein. Die einen freut es, wenn sie Jesus begegnen. Die anderen können ihn nicht ausstehen. Aber eins ist immer gleich: Jesus bewegt. Jesus lässt niemanden kalt. Er verändert jeden, auf den er trifft. Er bringt Bewegung in unser Leben.
Aber wie tut er das? Zunächst einmal hat Jesus einen einfachen Grundsatz: Er verzichtet auf faule Tricks.
Keine faulen Tricks
Jesus ist kein Werbeprofi, der einen zu etwas beschwatzt, das man gar nicht braucht. Jesus manipuliert nicht. Jesus verführt nicht. Sie werden in der Bibel keine Stelle finden, in der Jesus jemandem etwas aufzwingt oder jemanden erpresst. Er flunkert nicht. Er schmeichelt uns nicht, um uns zum Glauben oder zu einem gottgefälligen Lebenswandel zu rumzukriegen. Jesus ist ehrlich. Durch alle Jesus-Geschichten im Neuen Testament zieht sich dieser Grundzug: Jesus ist immer ehrlich. Er sagt den Menschen immer die Wahrheit. Egal, ob das seine Jünger, ein Kranker, die Samariterin am Jakobsbrunnen oder der Hohepriester in Jerusalem ist. Und gerade das bewegt die Menschen. Wenn ich von jemandem weiß, dass er ehrlich ist, dann kann ich dieser Person viel einfacher vertrauen. Ich weiß: Wenn er etwas von mir verlangt, dann tut er das ohne Hintergedanken. Wenn er mir etwas zutraut, dann meint er das ehrlich. Jesus bewegt uns deshalb, weil er ehrlich zu uns ist. Weil er uns die Wahrheit sagt. Jesus bewegt ohne Manipulation. Jesus bewegt, indem er uns die Wahrheit sagt. Die Wahrheit über sich und über uns. Und das lässt keinen kalt. Im Gegenteil: Das wirbelt durcheinander.
Jesus wirbelt durcheinander
Das ist eine Nebenwirkung, um die Sie nicht herumkommen, wenn Sie Jesus begegnen. Das ist nicht immer schön. Und die Menschen reagieren ganz unterschiedlich darauf. Nehmen wir zum Beispiel Petrus und seine Fischerkollegen: Jesus kommt bei ihnen vorbei, predigt eine Weile – und dann schickt er sie am hellen Tag hinaus, um zu fischen. Und gegen ihr besseres Fachwissen tun sie es und machen einen Riesenfang. Und was sagt Petrus? »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein Mensch, der voller Schuld ist!« (Lukas 5,8). Ganz ähnlich ist es bei Paulus, als ihm Jesus vor Damaskus begegnet (Apostelgeschichte 9). Jesus zeigt ihm seine schlechten Seiten und das ist sehr unangenehm für ihn. Aber das ist der Startschuss für sein Leben mit Jesus. Denn Jesus nimmt ihn trotzdem mit. Jesus motiviert ihn für den Rest seines Lebens.
Die Hohenpriester in Jerusalem reagieren ganz anders. Auch ihnen sagt Jesus die Wahrheit. Aber bei ihnen und einigen anderen seiner Zeitgenossen muss er feststellen: „Aber weil ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht.“ (Johannes 8,45).
Jesus will nicht um jeden Preis motivieren. Wie gesagt: Er ist ehrlich. Und deshalb nimmt er es immer in Kauf, dass Menschen sich nicht von ihm motivieren lassen. Jesus bewegt in beide Richtungen. Er polarisiert. Jesus spaltet. Die einen motiviert er. Die anderen stößt er ab. An Jesus scheiden sich die Geister. Was Jesus uns zu sagen hat, das wirbelt unser Leben durcheinander. Die einen bewegt das positiv, die anderen negativ. Aber kalt lässt das niemand.
Aber wenn die Begegnung mit Jesus einen so durcheinanderwirbelt – was bringt Menschen dann dazu, mit ihm zu gehen? Was an diesem unbequemen Jesus motivierte die Jünger dazu, ihm zu folgen, an ihn zu glauben – ein ganzes Leben lang? War es die Art, wie er mit den Menschen redete? War es sein Blick. Oder sein Tonfall? Vielleicht hat das alles dazu beigetragen. Aber ich denke, die tiefste Ursache ist ganz schlicht und einfach: Jesus liebt uns.
Jesus liebt uns
Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Wie der Vater mich liebt, so liebe ich euch.“ (Johannes 15,9). Im tiefsten Sinne ist es das, womit Jesus uns motiviert. Nicht die Art, wie er es sagt. Nicht die Wortwahl, nicht der Tonfall. Es ist seine Liebe zu uns. Wer dieser Liebe begegnet, der wird bewegt bis in die Tiefe seines Herzens.
Das kennen wir auch von unseren Mitmenschen. Die Gewissheit „Dieser Mensch liebt mich“ motiviert mich. Die Erfahrung, dass jemand etwas für mich tut, nur weil er mich liebhat – das motiviert mich. Das bewegt mich. Ich erlebe: Da ist jemand für mich da. Deshalb bin ich auch gerne für diese Person da.
Bei niemandem begegnet uns eine so starke Liebe wie bei Jesus. Dieser Jesus liebt uns so sehr, dass er sogar für uns gestorben ist. „Niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für seine Freunde einsetzt.“ (Johannes 15,13). Und genau das hat Jesus für uns getan, für Sie und für mich. Vielleicht ist sein Tonfall ab und zu anders als ich es mag. Vielleicht ist das, was er heute von mir verlangt, nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig. Aber die Gewissheit, dass er mich liebt, setzt mich in Bewegung, ihm nachzufolgen.
So war das bei Petrus. Er erlebte, dass Jesus ihn nicht wegschickte, weil er zu schlecht war. Er erlebte, wie Jesus ihn zu sich herrief. Das bewegte ihn so sehr, dass er sein Leben lang mit diesem Jesus ging, dass er ihm buchstäblich „nachfolgte“ (Lukas 5,10-11). Bei Paulus war es ähnlich: Er erlebte, wie dieser Jesus, den er verfolgt hatte, ihn zu seinem „Werkzeug“ machte, anstatt sich an ihm zu rächen. (Apostelgeschichte 9,15). Die Liebe Jesu bewegte ihn dazu, nun an Jesus zu glauben. Die Liebe Jesu motivierte ihn, für diesen Jesus zu leben.
Und genau das ist letztlich auch das Ziel, zu dem uns Jesus bewegen möchte: Glaube und Nachfolge.
Folge mir nach!
„Folge mir nach!“ Mit diesem Aufruf zog Jesus durch Israel. Dazu wollte er die Menschen bewegen. Dazu rief er sie auf: Glaubt an mich und folgt mir! Das sah in der Praxis ganz unterschiedlich aus. Die zwölf Jünger zogen immer mit ihm herum. Lazarus, Maria und Martha hatten immer ein offenes Haus für Jesus und seine Jünger. Josef von Arimathäa hatte ein Grab für ihn bereit. Und Paulus durchzog die Welt, um von Jesus zu erzählen.
So ist das auch bei uns: Jesus fordert uns alle zum Glauben auf – und zu einem Leben, das zu diesem Glauben passt. Aber für jeden von uns hat dieses Leben ganz verschiedene Züge, ganz verschiedene Wege, auf die uns Jesus schickt.
Auch wie Jesus es uns sagt, kann ganz unterschiedlich sein. Manchen befiehlt er das direkt und klar, so wie Petrus und Paulus. Andere bewegt er etwas sanfter. Manche werden von einem Bibelwort direkt angesprochen, andere erkennen seinen Aufruf erst nach einem langen Prozess des Nachdenkens über ein Bibelwort. Manchen schenkt er in der richtigen Situation den richtigen Gedanken, anderen schickt er die richtigen Menschen zur richtigen Zeit. Und das sind noch längst nicht alle Möglichkeiten, die er hat.
Aber letztlich verfolgt er immer dasselbe Ziel: Menschen sollen an ihn glauben und ein Leben führen, das zu diesem Glauben passt. Ein Glaube und ein Leben, wie er sie in seinem Wort, der Bibel, beschreibt. Dazu möchte er die Menschen bewegen. Und er schenkt er die Kraft dazu gleich mit: Den Heiligen Geist.
Mehr als Motivation: Der Heilige Geist.
Jesus versprach seinen Jüngern, dass er sie „nicht als Waisen zurücklassen“ (Johannes 14,18) werde. Er versprach, ihnen den Heiligen Geist zu schicken, der sie „in alle Wahrheit leiten“ (Johannes 16,13) werde. Der Heilige Geist erhält die Motivation in uns Christen am Leben. Er stärkt uns immer wieder den Glauben. Er bestätigt uns immer wieder neu, „dass wir Gottes Kinder sind“ (Römer 8,16). Und er lässt Früchte in unserem Lebenswandel wachsen (Galater 5,22-23).
Jesus motiviert nicht nur. Er bewegt. Er ist nicht nur der Trainer am Rand der Laufbahn. Nein, im Heiligen Geist läuft er selbst mit, gibt uns die Kraft, die wir zum Laufen brauchen, richtet uns immer wieder neu auf unser Ziel aus – und bringt uns letztlich dorthin.
Jesus motiviert nicht nur – Jesus bewegt. Und wie!
Benjamin Hummel
Albrecht-Bengel-Haus (https://www.bengelhaus.de/)
(Erschien ursprünglich in Theologische Orientierung Nr. 202, S. 7-9 mit dem Titel "Jesus motiviert. Jesus bewegt."