Maria Magdalena war eine Frau aus dem engeren Freundeskreis von Jesus Christus. Jesus befreite sie von einer schweren okkulten Belastung. Später gehörte sie zur ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem. In der Kunst wird Maria Magdalena gerne als besonders verführerische Frau dargestellt. Manche spekulieren, dass sie die Geliebte von Jesus gewesen sei. Das lässt sich aber nicht belegen. Leider kennt niemand die genauen Worte, mit denen Jesus Maria von ihrer okkulten Bindung befreit hat.
Die antike Quellenlage zu Maria Magdalena
Maria Magdalena ist eine faszinierende Frau. Wirklich zuverlässig ist allerdings nur sehr wenig über sie bekannt. Lange nach ihrem Tod wollten Menschen gerne mehr über sie erfahren. Weil es aber nur wenige historische Quellen gab, ließ man stattdessen die Fantasie spielen. Ein Ergebnis davon ist das Maria-Magdalena-Evangelium. Es wurde ungefähr 160 n. Chr. in Ägypten abgefasst. Urheber waren gnostisch-esoterische Denker, die sich bemühten, den christlichen Glauben in ihrem Sinn umzudeuten. Sie stellen Maria Magdalena als enge Vertraute von Jesus dar. Allein ihr, so behaupten sie, hätte er seine „echte“ Lehre mitgeteilt. Demnach hatten Petrus und die anderen Jünger keine Ahnung von der „wahren“ Absicht von Jesus.
Die apokryphe Schrift behauptet: Die Menschen sollten von Jesus angeleitet werden, ihren geistlichen Zustand und den der übernatürlichen, kosmischen Welt richtig zu verstehen. Sie sollten sich geistlich auf die richtige Seite schlagen. Diese Erkenntnis (griechisch: Gnosis) sei das eigentliche Ziel des Erlösers gewesen. Petrus und die anderen engen Begleiter von Jesus sollen sich über die Aussagen der Maria Magdalena außerordentlich geärgert und sie deshalb sogar verspottet haben. Aus Neid hätten sie dann ihre Lehre lächerlich gemacht, spekuliert der anonyme Autor rund hundert Jahre nach ihrem Tod.
Die mittelalterliche und moderne Eskalation der Geschichte
Ein in diesem erfundenen Maria-Magdalena-Evangelium erwähnter Kuss zwischen ihr und Jesus wurde in der Fantasie moderner Roman-Autoren wie Dan Brown zu einem Liebesverhältnis oder sogar zu einer heimlichen Ehe. Deren Nachkommen sollen angeblich bis heute in Südfrankreich zu Hause sein. Außer ein paar mittelalterliche Dichtungen gibt es allerdings keine zuverlässigen Quellen, die diese Geschichte bestätigen würden. Wie auch in vielen anderen Fällen sind Spekulationen und Gerüchte oft aber deutlich interessanter als die bloße Realität. Wenn dann noch etwas irgendwie Geheimnisvolles und Sex dazukommen, verbreiten sich solche Spekulationen rasend schnell. – Ein Kuss war damals im Mittelmeerraum übrigens ein durchaus üblicher Bestandteil der Begrüßung zwischen Verwandten oder Freunden.
Die wahre Geschichte der Maria Magdalena
Nach den Berichten der Zeitgenossen war Maria eine frühe Begleiterin von Jesus und später eine überzeugte Christin. Maria oder Miriam, wie ihr Name hebräisch heißt, lebte in der Stadt Magdala (Migdal), einem größeren Ort am See Genezareth. In dieser Region war auch Jesus damals zu Hause. Zwischen 2007 und 2009 wurden dort die Überreste einer antiken Synagoge und einiger Häuser aus der Zeit des Neuen Testaments ausgegraben. Hier hatte Jesus ehemals gepredigt. Die Menschen des Ortes lebten relativ gut vom Fischfang, von der Landwirtschaft und der Textilherstellung.
Maria war spirituell, sie interessierte sich für geistlichen Zusammenhänge. Irgendwie war sie in die falschen Kreise geraten und hatte sich auf gefährliche, okkulte Mächte eingelassen. Böse Geister hatten von ihr Besitz ergriffen und quälten sie. Als sie hörte, dass Jesus schon mehrfach seine Macht über Krankheiten, Dämonen und Sünde bewiesen hatte, bat sie ihn um Hilfe. Jesus befreite sie von ihren okkulten Bindungen. Darüber war Maria so froh, dass sie sich Jesus anschloss. Sie wollte von ihm noch mehr über Gott und über ein erfülltes Leben lernen. „Es waren auch einige Frauen dabei, die Jesus von bösen Geistern und Krankheiten geheilt hatte: Maria aus Magdala, die er von sieben Dämonen befreit hatte.“ (Lukas 8,2)
Auch nach dessen ungerechter Verurteilung hielt Maria sich noch zu Jesus. Sie war eine der Wenigen, die Jesus bis zum bitteren Ende begleiteten. Selbst unter großer persönlicher Gefahr blieb sie beim Kreuz, bis Jesus starb. „Nahe bei dem Kreuz von Jesus standen seine Mutter und ihre Schwester. Außerdem waren Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala dabei.“ (Johannes 19,25)
Der größte Tag im Leben von Maria Magdalena
Maria Magdalena war dann auch schon früh am Ostermorgen am Grab von Jesus. Sie wollte ihm ihre Zuneigung zeigen und seine Leiche einbalsamieren. So wurde sie eine der ersten Zeugen der Auferstehung von Jesus. „Am ersten Wochentag nach dem Sabbat ging Maria aus Magdala zum Grab. Es war früh am Morgen und noch dunkel. Da sah sie, dass der Stein vor der Grabkammer weggenommen war. […] Nach diesen Worten drehte sie sich um und sah Jesus dastehen. Sie wusste aber nicht, dass es Jesus war. […] Maria aus Magdala ging zu den Jüngern. Sie verkündete ihnen: ‚Ich habe den Herrn gesehen!‘ Und sie erzählte, was er zu ihr gesagt hatte.“ (Johannes 20,1.14.18)
Die öffentliche Verleumdung der Maria Magdalena
Nach den Informationen der frühen Kirchengeschichte schloss sich Maria Magdalena wenig später der ersten christlichen Gemeinde von Jerusalem an. Dort arbeitete sie aktiv mit. Papst Gregor der Große aus dem 6. Jahrhundert brachte Maria Magdalena ohne überzeugende Argumente in Verbindung mit einer namentlich nicht näher genannten „Sünderin“. Diese war in aller Öffentlichkeit vor Jesus niedergefallen und hatte seine Füße mit einem kostbaren Öl gesalbt (Lukas 7,36-38). Für diese Spekulation gibt es keinen historischen Beleg. Trotzdem wurde Maria Magdalena daraufhin von vielen Kirchenvertretern zu einer schändlichen Prostituierten erklärt. Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich die katholische Kirche von dieser problematischen Deutung verabschiedet.
Schlussendlich gibt es keinen glaubwürdigen Hinweis darauf, dass Maria Magdalena die heimliche Geliebte von Jesus gewesen sein könnte. Ebensowenig wie eine verachtete Hure oder die verkannte Leiterin der frühen Kirche. Maria Magdalena war offensichtlich eine treue, dankbare und mutige Frau. Mehrfach wird sie lobend im Neuen Testament erwähnt. Maria Magdalena hatte die geistliche Macht von Jesus am eigenen Leib erfahren und war seitdem seine begeisterte Anhängerin. Sie konnte persönlich sowohl den Tod als auch die Auferstehung von Jesus beobachten. So wurde sie zu einer glaubwürdigen Zeugin und einer begeisterten Christin der ersten Gemeinde.
Was wir von Maria Magdalenas Befreiung lernen
Auf welche Weise genau Jesus Maria von ihren Dämonen befreit hatte, wäre natürlich spannend zu erfahren. Dann könnten wir versuchen, mit demselben Ritual und denselben Worten auch heute noch Menschen von okkulten Bindungen zu befreien. Wahrscheinlich waren es aber nicht die bloßen Worte und Handlungen, von denen eine quasi magische Macht ausging. Vor allem war es wohl die einzigartige Vollmacht von Jesus. Dieser mussten alle jenseitigen Kräfte und Mächte gehorchen (vgl. Markus 5,1-20). Das aber kann man eben nicht nachmachen oder kopieren.
Allerdings deutet nichts darauf hin, dass Jesus seine übernatürlichen Fähigkeiten zwischenzeitlich verloren hätte. Wer unter geistlichen Belastungen leidet, kann sich deshalb auch heute noch vertrauensvoll im Gebet an Jesus wenden. Jesus kann weiterhin Befreiung schenken, auch wenn er momentan nicht mehr als direkt greifbarer Mensch auf der Erde lebt (Hebräer 13,8).
Michael Kotsch
Bibelschule Brake / Bibelbund