Das Alter der Menschheit lässt sich mithilfe des Alten Testamentes in etwa bestimmen, doch das Alter der Erde wird nicht angegeben. Je nach Auslegung der relevanten biblischen Texte gibt es die Theorie der jungen Erde und die Theorie der alten Erde. Welche Auslegung die richtige ist, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen.
Manche Geschlechtsregister des Alten Testamentes gehen zurück bis auf das erste Menschenpaar und geben auch das Alter der jeweiligen Personen an (z. B. 1. Mose 5). Von dort ausgehend kann man das Alter der Menschheit berechnen. Es liegt bei ungefähr 6.000 Jahren. Diese Angabe steht freilich im Gegensatz zu dem Alter der Menschheit, das die Wissenschaft angibt. Man nimmt an, dass der Homo sapiens ungefähr 300.000 Jahre alt ist. Doch wir wissen, dass die Erkenntnisse der Wissenschaftler ständigen Veränderungen unterliegen. Daher sollten wir vorsichtig sein und lieber bei den Zahlen der Bibel bleiben, da bekannt ist, dass sich auch andere Aussagen der Heiligen Schrift als wahr und zuverlässig erwiesen haben.
Zum Alter der Erde und des ganzen Universums aber sagt die Bibel nichts Eindeutiges. In 1. Mose 1,1 heißt es einfach: „Am Anfang erschuf Gott Himmel und Erde.“ Doch wann dieser Anfang war, bleibt im Dunkeln. Nachdem Gott das Universum geschaffen hatte, begann das Sechs-Tage-Werk. In sechs Tagen erschuf Gott neben den Gestirnen, Pflanzen und Tieren auch die Menschen (1. Mose 1,3-31).
Nun gibt es zwei Auslegungsmöglichkeiten zum Sechs-Tage-Werk. Einige Ausleger sind der Meinung, man müsse die Schöpfungstage als 24-Stunden-Tage ansehen. Sie begründen ihre Überzeugung z. B. mit 2. Mose 20,11, wo steht, dass Gott Himmel und Erde in sechs Tagen gemacht hat. Wenn dies stimmt, wären die Gestirne sowie alles Leben auf unserem Planeten sehr jung, nämlich rund 6.000 Jahre alt. Anhänger dieser Überzeugung werden in der Literatur häufig als „Junge-Erde-Kreationisten“ bezeichnet.
Andere Ausleger weisen darauf hin, dass die Sonne erst am vierten Schöpfungstag geschaffen wurde. Wie aber soll ohne Sonne ein 24-Stunden-Tag gemessen werden? Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass es sich eben nicht um 24-Stunden-Tage handelt. Außerdem bezeichnet das hebräische Wort für „Tag“ nicht immer 24-Stunden-Tage. So wird es z. B. in 1. Mose 1,5 nur für jenen Teil des Tages benutzt, der hell ist. Und schließlich muss auch darauf hingewiesen werden, dass laut Hebräer 4,4-11 die Sabbatruhe Gottes bis heute anhält. Wenn also Gott nach Vollendung des Sechs-Tage-Werks am siebten Tag seine Sabbatruhe antrat und diese bis heute besteht, so bedeutet dies nichts anderes, als dass dieser siebte Tag seit mindestens 6.000 Jahren anhält. Daher sind diese Ausleger der Meinung, dass die Schöpfungstage keine 24-Stunden-Tage waren, sondern Zeiträume, deren Länge wir nicht kennen. Die zweite Auslegung lässt sich natürlich mit der augenblicklichen Theorie der Wissenschaft eher in Einklang bringen, die behauptet, dass die Erde rund 4 Milliarden Jahre alt sei. (Ob diese Altersangabe stimmt, ist allerdings ebenfalls fraglich.)
Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Lehrbuch. Sie spricht von Gott, von der Rebellion des Menschen gegen Gott mit allen schlimmen Folgen und von der Möglichkeit, durch Jesus Christus zurück zu Gott zu finden. Sie ist also ein Buch voller theologischer (Bezug zu Gott) und anthropologischer (Bezug zum Menschen) Wahrheiten. Allerdings dürfen wir davon ausgehen, dass die Aussagen der Heiligen Schrift auch dann zuverlässig sind, wenn sie zu historischen oder naturwissenschaftlichen Fragen Stellung nimmt. Wenn jedoch die Bibel zu gewissen Fragen schweigt, sollten auch wir schweigen. Die Frage, wie alt die Erde ist, wird nicht eindeutig beantwortet. Daher sollten wir darüber nicht streiten. Es handelt sich auch in keiner Weise um eine heilsnotwendige Frage. Ob jemand glaubt, dass die Erde 6.000 oder Milliarden Jahre alt ist, hat für die Versöhnung des Menschen mit seinem Schöpfer und seinen ewigen Frieden keine Relevanz.
Entscheidend ist, dass wir im unerschütterlichen Glauben an Jesus Christus stehen. Er ist der einzige Retter. Nur durch ihn erhalten wir Vergebung unserer Schuld und werden versöhnt mit Gott. Daher sollten wir unsere Energie nicht dafür verschwenden, zweitrangige Themen zum Wichtigsten zu machen. Interessant ist auch die Feststellung, dass die Frage nach dem Alter des Universums in keinem Glaubensbekenntnis thematisiert wird. Die christliche Kirche hat durch all die Jahrhunderte diese Frage als nicht wichtig betrachtet und deshalb dazu geschwiegen. Generell weise und wegweisend ist folgender Rat: In den wichtigen Fragen Einheit, in den weniger wichtigen Fragen Freiheit und in allem die Liebe.
Prof. Dr. theol. Friedhelm Jung