Wer ist Jesus Christus für die Juden?

Kurze Antwort

Die meisten Juden glauben nicht an Jesus als Messias oder Gott. Für sie ist er im schlimmsten Fall ein Verräter oder Verfolger und im besten Fall ein guter, missverstandener Jude. Aber seiner Geburt gab es auch immer Juden, die ihn als Messias und Gott angenommen haben. Sie werden heute als Messianische Juden bezeichnet. Die Identität und Bedeutung von Jesus sind im Judentum sehr umstritten, aber immer mehr kommen zu dem Schluss, dass er doch der Messias ist.

Jesus in seinem jüdischen Kontext 

Jesus wurde in der jüdischen Stadt Betlehem in Israel als Kind jüdischer Eltern geboren und als Jude erzogen (Matthäus 2,1). Kurz nach seiner Geburt wurde er im jüdischen Tempel in Jerusalem als Messias und Retter verkündigt (Lukas 2,25-37). Nach seiner Taufe und dem Anfang seines öffentlichen Dienstes glaubten immer mehr Juden daran, dass Jesus der Messias ist. Aber seine Identität und Bedeutung waren immer umstritten. Die damaligen Leiter waren neidisch und hatten Angst, dass Jesus ihre Autorität angreifen würde (Johannes 12,19).  

 

Jesus wurde letztendlich sowohl von den Leitern als auch vom Volk abgelehnt und gekreuzigt (Lukas 23,18-25). Aber nach seiner Auferstehung glaubten viele an ihn. Im Neuen Testament lesen wir, dass eine unzählbar große Anzahl von Juden zum Glauben an ihn als Gott und Messias kam, inkl. 3.000 Menschen an einem Tag (Apostelgeschichte 2,41-47; Apostelgeschichte 4,4; Apostelgeschichte 5,14; Apostelgeschichte 6,7; Apostelgeschichte 9,42; Apostelgeschichte 13,43; Apostelgeschichte 14,1; Apostelgeschichte 17,11-12; Apostelgeschichte 21,20). 

  

Die ersten Nachfolger von Jesus und der Anfang der weltweiten Kirche 

Am Anfang waren die Nachfolger von Jesus alle Juden, die in Jesus die Erfüllung ihrer Hoffnung aus dem Alten Testament gesehen haben. Die Frage im ersten Jahrhundert lautete sogar: Dürfen Nichtjuden an Jesus glauben oder müssen sie zuerst zum Judentum konvertieren? Die ersten Gläubigen an Jesus (alle Juden) haben in einem Schreiben an die Nichtjuden eine Konversion zum Judentum als unnötig erklärt (Apostelgeschichte 15,22-29). Ab diesem Zeitpunkt kamen immer mehr Nichtjuden zum Glauben an Jesus, was Gottes Plan entspricht (Römer 11,11-12).  

 

Leider ist aber das passiert, wovor der Apostel Paulus gewarnt hatte (Römer 11,13-24): Die nichtjüdischen Gläubigen an Jesus wurden hochmütig gegenüber den jüdischen Gläubigen und stellten sie vor die Wahl, entweder weiterhin an Jesus zu glauben, auf Kosten von ihrer jüdischen Kultur und Identität, oder aus der Kirche auszutreten und ihren Glauben an Jesus zu verlassen.  

  

Christlicher Antisemitismus und jüdische Perspektiven auf Jesus 

Ferner hat die Kirche angefangen, Juden zu verfolgen. Die Kirchenväter haben sich in furchtbarer Weise gegen die Juden geäußert. Die Kreuzzüge, die spanische Inquisition und sogar der Holocaust haben ihre Wurzel im sogenannten christlichenAntisemitismus. Diese furchtbaren Verfolgungen und Grausamkeiten haben dazu geführt, dass Juden heutzutage gegenüberJesus und Christen sehr skeptisch sind.  

 

Viele orthodoxe Juden sehen Jesus als ihren Feind: ein Verräter, der für all ihr Leid verantwortlich ist. Sie weigern sich, seinen Namen auszusprechen, und wollen nichts mit ihm oder dem Glauben an ihn zu tun haben. Andere Juden sind offener und verstehen, dass die ganze christliche Verfolgung von der Kirche und nicht von Jesus selbst ausgegangen ist. Für sie ist Jesus eine historische Figur, ein guter Jude, der missverstanden wurde, oder ein Freiheitskämpfer, der von den politischen Mächten damals zum Schweigen gebracht wurde. 

  

Messianische Juden 

Es gibt auch eine moderne Gruppe von Juden, die Jesus als Gott und Messias annehmen: die messianischen Juden. Diese modernen jüdischen Nachfolger von Jesus sind meistens ethnisch und kulturell jüdisch und leben ihre jüdische Identität aus, indem sie jüdische Festen feiern, koscher essen und jüdische Symbolik anwenden, genauso wie die ersten jüdischen Nachfolger von Jesus. Sie nehmen Jesus als Messias an, weil er die messianischen Verheißungen aus dem Alten Testament erfüllt hat (z.B. Micha 5,1; Sacharja 9,9), und verstehen ihn als Gott, weil Jesus sich selbst als Gott verstanden und göttliche Tätigkeiten ausgeübt hat (z.B. Matthäus 8,27). Sie glauben daran, dass Jesus wiederkommen wird, um seine Nachfolger zu retten und um die, die ihn abgelehnt haben, zu richten. 

 

Messianische Juden werden meistens von religiösen Juden nicht als jüdisch wahrgenommen und sogar als Verräter betrachtet, denn ihr Glaube mache sie nicht mehr jüdisch. 

  

Fazit: Keine einfache Antwort 

Es ist nicht einfach, eine Antwort auf die Frage zu geben: Wer ist Jesus Christus für die Juden? Für einige ist er Gott und Messias, der Mittelpunkt ihres Glaubens. Für andere ist er ein Verräter, ein Betrüger und die Quelle allen Leids. Noch andere verstehen ihn als einen guten Menschen, einen Freiheitskämpfer, einen Querdenker oder noch anderes. Egal welcher Meinung sie sind, erweckt diese Frage meistens eine emotionale Reaktion bei jüdischen Menschen, weil sieeine Frage der Identität ist. Aber wenn Jesus tatsächlich Messias und Gott ist und wenn er tatsächlich als Erfüllung der Hoffnung aus dem Alten Testament gekommen ist, dann bleibt ein Jude, der an den jüdischen Messias glaubt, Jude. Gibt es etwas „Jüdischeres“, als an den jüdischen Messias zu glauben? 

 

 

Aaron Lewin

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Geändert am: 29.01.2025

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