Welche Erzählungen außer in der Bibel gibt es über Jesus Christus?

Kurze Antwort

Außerhalb der Evangelien im Neuen Testament finden sich nur wenige zuverlässige Informationen über Jesus Christus und sein Leben. In den ersten Jahrhunderten der Christenheit dachten seine Nachfolger sich Geschichten über Jesus aus, z. B. über seine Kindheit und weitere WunderDiese beinhalten aber wenig Verlässliches. Nicht-christliche Historiker aus der Zeit von Jesus bezeugen seine Existenz, sprechen aber kaum über ihn. Die Hauptquelle über Jesus bleiben die Evangelien im Neuen Testament.

Die Hauptquellen über Jesus Christus 

Jesus von Nazareth war eine charismatische Figur, die im ersten Jahrhundert n.Chr. lebte. Für viele seiner Nachfolger war er der Retter, der den Menschen von Gott versprochen worden war. Deshalb wird er auch Jesus Christus genannt. Um sein Andenken zu bewahren, schrieben seine Nachfolger seine Worte und seine Taten auf. Ihre Schriften, die wir als neutestamentliche Evangelien” bezeichnen, sind unsere Hauptquellen über das Leben von Jesus Christus. Sie gehen auf authentische Augenzeugenberichte zurück und sind daher unvergleichbar wertvolle Berichte über Jesus (Lukas 1,1-4; Johannes 21,24).

 

Weitere antike Quellen über Jesus Christus 

Zwar haben nicht alle Menschen zur damaligen Zeit an Jesus Christus als Sohn Gottes geglaubt. Trotzdem wird die besondere Persönlichkeit dieses Menschen auch außerhalb des Neuen Testaments bezeugt. Es gibt dabei zwei Kategorien von Quellen:

  1. Frühchristliche Schriften, die nach dem 1. Jh. n.Chr. entstanden sind und legendarisch von Jesus erzählen.
  2. Jüdische und griechisch-römische Schriften von Zeitgenossen von Jesus, die ihn in historischen Erzählungen oder anderswo in ihren Schriften erwähnen. 

Zu 1.: Obwohl nur vier sogenannte Evangelien in das Neue Testament aufgenommen wurden, haben christliche Schreiber in den ersten Jahrhunderten n.Chr. eine ganze Reihe von Schriften verfasst. Freilich werden darin verschiedene Themen behandeltAber in vielen Fällen ist Jesus die HauptfigurOder der Glaube an ihn bildet die Grundlage des Autors. Manche Autoren haben auch eigene Evangelienim Stil der ersten drei neutestamentlichen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) verfasst. Sie berichten Geschichten aus der Kindheit von Jesus (Kindheitsevangelium) oder aus der Perspektive seiner Mutter (Evangelium der Maria). Andere Schriften wurden nach wichtigen Figuren aus den neutestamentlichen Evangelien benannt, z.B. das Thomasevangelium, das Petrusevangelium oder das Evangelium nach Philippus. Es gibt noch viele mehr. 

Sie sind zwar spannend zu lesen. Dennoch merkt man, dass sie mit viel Fantasie auf die Berichte der neutestamentlichen Evangelien aufbauen und diese erweitern, verändern usw. Sie alle wurden deutlich später geschrieben als die vier neutestamentlichen Evangelien. Häufig stellen sie theologische Interpretationen des Lebens von Jesus dar, wie es hätte sein können oder auch wie es hätte sein sollen. Das zeigt sich besonders in den sogenannten Kindheitsevangelien: Diese enthalten viele erfundene Geschichten darüber, wie man sich Jesus, den jungen Sohn Gottes, in seiner Kindheit vorgestellt hat. Hierzu schweigen die neutestamentlichen Evangelien bekanntlich fast ganz. Auch das Geschehen am Grabwird deutlich erweitert oder theologisch überlagert. So erzählt eines dieser späten Evangelien, dass aus dem Grab von Jesus ein weißes Kreuz in den Himmel aufgestiegen sein soll. Das ist ganz gewiss eine theologische Überfremdung dessen, wie es eigentlich war nämlich, dass das Grab leer war und nur Engel erklären konnten, was hier geschehen war. 

Aus zwei Gründen sind diese Schriften keine verlässlichen Quellen über Jesus: 

A) Sie wurden deutlich später verfasst als die vier neutestamentlichen Evangelien. 

B) Sie bauen auf den biblischen Evangelien auf und spinnen ihre Geschichten weiter. 

Qualitativ gehen diese späten Schriften eben nicht auf Augenzeugenberichte zurück. Anders als die neutestamentlichen Evangelien sind sie eher dem Bereich der Science-Fiction zuzuordnen als den antikeBiografien. Interessant und unterhaltsam sind sie aber allemal.  

Zu 2.: Außerhalb von christlichen Texten kommt Jesus deutlich seltener vor, als man denken könnte. Trotzdem ist es offensichtlich, dass es ihn als historische Person gegeben haben muss. Denn auch die nicht-christliche Literatur dieser Zeit spricht eindeutig über die Existenz von Jesus. Die Erwähnungen oder Urteile über ihn fallen allerdings nur recht spärlich aus.  

Vor allem der jüdische Historiker Josephus nimmt direkt Bezug auf Jesus. Er beschreibt ihn als weisen Menschen und Lehrer. Auch von Pilatus und der Kreuzigung berichtet er. Historiker diskutieren, ob der Abschnitt über Jesus (Ant. XVIII 63f) wirklich in der heutigen Form von Josephus stammt oder ob er später um ein besseres Bild von Jesus erweitert wurde. Festzuhalten ist jedoch, dass Josephus von Jesus wusste und von ihm – kurz – berichtet. In einer späteren Fassung (dem sog. Slawischen Josephus) findet sich sogar ein etwas längerer Abschnitt über Jesus. 

Etwas häufiger sind Verweise auf die Nachfolger von Jesus, die mit Jesus zusammen erwähnt werden. So etwa bei Sueton, der um 120 n.Chr. berichtete, dass der damalige Kaiser Claudius um 50 n.Chr. die Juden aus Rom entfernt habe, weil sie von Chrestos aufgehetzt waren (Apol. 34,2). Chrestos steht hier für Christus. Mehr Informationen über Jesus bekommen wir hier aber nicht. Ähnliches gilt für die römischen Autoren Plinius und Tacitus.

 

Das wachsende Interesse an Jesus Christus 

Kein Verfasser der christlichen Texte und auch der uns erhaltenen außerchristlichen Werke stellte infrage, ob Jesus existiert hat. Freilich war er für die großen Historiker der Antike zunächst ein uninteressanter und damit nicht erwähnenswerter Wanderprediger. Erst mit der Ausbreitung des Christentums entstand ein vermehrtes Interesse, über die neutestamentlichen Evangelien hinaus etwas über Jesus zu erfahren. Tatsächlich sind die vertrauenswürdigsten und mit Abstand ausführlichsten Berichte über Jesus Christus also in den Evangelien des Neuen Testaments zu finden. Ein guter Einstieg ist der Bericht im Lukasevangelium. 

 

Magnus Rabel

Informationen
Geändert am: 05.02.2024

Deine Antworten