Der Heilige Geist hat eine große Bedeutung in der Bibel. Am Anfang der Schöpfung schwebt er über dem Wasser (1. Mose 1,2). Er befähigt Menschen, Außerordentliches zu tun, er gibt Kraft (Richter 15,14-15), Weisheit (2. Mose 31,3) und prophetische Visionen (Hesekiel 37,1). Wenn ein Mensch Christ wird, spielt der Heilige Geist eine zentrale Rolle. Von entscheidender Bedeutung ist er auch im praktischen Glaubensleben und im Wachstum als Christ. Er wird als dritte Person des dreieinen Gottes angebetet.
Der Heilige Geist oder Geist Gottes (Geist des HERRN) wird auf hebräisch als „Ruach Elohim“ bezeichnet. Ruach (im Hebräischen ein grammatikalisch weiblicher Begriff) bedeutet „Hauch, Wind, Geist“. Der Heilige Geist findet sich im zweiten Vers der Bibel und in einem der letzten (Offenbarung 22,17) und wird an vielen Stellen im Alten und Neuen Testament erwähnt.
Im Glauben der Christen ist der Heilige Geist eine der drei göttlichen Personen der Trinität (Dreieinigkeit Gottes). Entsprechend wird der Heilige Geist in den altkirchlichen Bekenntnissen als Gott bekannt. Wenn Menschen Christen werden und sich taufen lassen, werden sie mit dem Heiligen Geist erfüllt. Laut Paulus sind die Christen „bewohnt“ durch den Heiligen Geist: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geist darin wohnt?“ (1. Korinther 3,16)
Schon ganz am Anfang der Bibel wird berichtet, dass Gottes Geist über der Urflut schwebte. Danach wird er erst wieder in der Josefsgeschichte erwähnt. Der Pharao von Ägypten sah in Josef den Geist Gottes; er fragte: „Können wir einen besseren Mann finden als diesen, in dem der Geist Gottes ist?“ (1. Mose 41,38). Einige Kapitel später lernen wir den ersten Mensch kennen, der konkret mit Gottes Geist erfüllt wurde: Bezalel. Er sollte durch den Geist Gottes die Befähigung erhalten, das Offenbarungszelt, die Bundeslade, die Altäre und Leuchter sowie alle heiligen Geräte und Priestergewänder kunstvoll herzustellen (2. Mose 31,1-11).
Obwohl keine Situation berichtet wird, in der der Geist Gottes auf Mose herabkam, heißt es: „Da kam der Herr in einer Wolke herab und redete mit Mose. Auf die 70 Ältesten übertrug er etwas von dem Geist, den er Mose gegeben hatte.“ (4. Mose 11,25). Weiter kam der Geist Gottes auf Seher, Richter und Könige herab (4. Mose 24,2; Richter 6,34; 1. Samuel 10,10). Über König Saul wird gesagt, dass der Geist des Herrn ihn wieder verließ, nachdem er sich über Gottes Gebot hinweggesetzt hatte (1. Samuel 16,14). In Psalm 51,13 betete König David, dass Gott den Heiligen Geist nicht von ihm nehme. Beim Propheten Jesaja wird beschrieben, was der Geist in einem Menschen bewirkt, auf dem er ruht: Er schenkt Weisheit und Einsicht, Rat und Stärke sowie Erkenntnis und Ehrfurcht vor dem Herrn (Jesaja 11,2). An einer anderen Stelle im Buch Jesaja steht: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir“ (Jesaja 61,1). Dieser Vers wurde schon lange vor Jesus als Messias-Verheißung verstanden; ihn las Jesus im Lukasevangelium in der Synagoge von Nazaret vor (Lukas 4,18).
An mehreren Stellen im Alten Testament wird verheißen, dass der Geist Gottes auf die Menschen ausgegossen werden wird:
„Denn ich gieße Wasser auf den ausgetrockneten Boden, im dürren Land lasse ich Bäche fließen. Ich gieße meinen Lebensgeist auf deine Nachkommen und meinen Segen auf deine Sprösslinge.“ (Jesaja 44,3)
„Dann gebe ich euch ein neues Herz und einen neuen Geist. Das tote Herz aus Stein nehme ich aus eurem Leib. An seiner Stelle gebe ich euch ein lebendiges Herz aus Fleisch. Meinen Geist gebe ich euch.“ (Hesekiel 36,26-27)
„Danach wird es geschehen: Ich gieße meinen Geist über alle Sterblichen aus. Eure Söhne und eure Töchter werden prophetisch reden. Eure Alten werden von Gott gesandte Träume haben und eure jungen Männer Visionen schauen. Auch über die Sklaven und Sklavinnen werde ich in den letzten Tagen meinen Geist ausgießen.“ (Joel 3,1-2)
Das Neue Testament in seiner ursprünglichen Sprache ist griechisch. Dort werden verschiedene Begriffe für den Geist verwendet: pneuma; hhagios pneumatos (Heiliger Geist) und ppneuma tou theu (Geist Gottes).
Da es sehr viele Berichte über den Heiligen Geist im neuen Testament gibt, hier einige exemplarische Stellen: In zwei Evangelien wird die Vorgeschichte der Geburt von Jesus berichtet. Übereinstimmend wird ausgeführt, dass die Schwangerschaft Marias (der Mutter von Jesus) auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückzuführen ist (Matthäus 1,18.20; Lukas 1,35). In allen Evangelien wird beschrieben, dass der Heilige Geist bei seiner Taufe auf Jesus herabkam (Matthäus 3,16; Markus 1,10; Lukas 3,22; Johannes 1,32).
Im Johannesevangelium wird die Erfüllung von Jesus mit dem Heiligen Geist von einem Augenzeugen, Johannes dem Täufer, beschrieben. Ebenfalls in allen Evangelien kündigt Johannes der Täufer einen Mächtigeren an und verspricht: „Er wird euch mit Heiligem Geist taufen.“ (Markus 1,8, entsprechend Johannes 1,33) Bei Matthäus und Lukas ist die Formulierung ergänzt: „Er wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen.“ (Matthäus 3,11; Lukas 3,16)
Im Markusevangelium finden sich die wenigsten Hinweise auf den Geist Gottes. Neben der bereits erwähnten Taufe von Jesus, der folgenden Wüstenzeit und der Ankündigung des Täufers sind dies folgende: die Verheißung, dass bei einer Anklage der Heilige Geist eingibt, was man sagen soll (Markus 13,11); die etwas unklare Aussage, dass die Lästerung des Heiligen Geistes eine unvergebbare Sünde sei (Markus 3,29); und dass der Psalmist David im Heiligen Geist eine Aussage getroffen hat (Markus 12,36).
Eine Besonderheit findet sich im Matthäusevangelium. Im sogenannten Missionsbefehl wird der Heilige Geist in der trinitarischen Taufformel erwähnt: „Tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!“ (Matthäus 28,19)
Im Lukasevangelium kommt der Heilige Geist an vielen Stellen vor. Über Johannes den Täufer wird in der Ankündigung seiner Geburt geschrieben, dass er schon im Mutterleib mit Heiligem Geist erfüllt werden wird (Lukas 1,15). Zacharias, der Vater von Johannes, wurde vom Heiligen Geist erfüllt (Lukas 1,67). Der alte Simeon hat durch den Heiligen Geist eine Offenbarung erhalten und wurde von ihm geleitet (Lukas 2,25-26). Auch von Jesus wird neben der Erfüllung bei seiner Taufe eine weitere Erfüllung berichtet, die ihn zu einem Jubelruf veranlasste (Lukas 10,21). Eine Besonderheit bei Lukas ist, dass er im Evangelium und in der Apostelgeschichte folgende Anweisung von Jesus wiedergibt: „Ich werde den Geist zu euch senden, den mein Vater versprochen hat. Bleibt hier in der Stadt, bis ihr diese Kraft von oben empfangen habt.“ (Lukas 24,49; entsprechend Apostelgeschichte 1,4-5)
Am Anfang der Apostelgeschichte wird die Ausgießung des Heiligen Geistes über die Jünger in der Predigt von Petrus als Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung aus Joel 3 interpretiert (Apostelgeschichte 2,16-21). Auch in den weiteren Kapiteln ist häufig vom Geist und seinem Wirken die Rede. Besonders ist die Geschichte von Philippus, der in Samaria Menschen taufte (Apostelgeschichte 8,12). Die Apostel in Jerusalem schickten Petrus und Johannes, um den Getauften die Hände aufzulegen, damit der Heilige Geist auf sie herabkäme. Sie waren nämlich nur auf den Namen Jesus getauft worden und hatten den Geist nicht empfangen (Apostelgeschichte 8,14-17).
Auch im Johannesevangelium gibt es viele Hinweise auf den Heiligen Geist. In einer zentralen Stelle wird die Notwendigkeit des Geborenwerdens durch den Geist für ein Eintreten in das Reich Gottes benannt: „Amen, amen, das sage ich dir: Nur wenn jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er in das Reich Gottes hineinkommen. Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes.“ (Johannes 3,5-6)
In den sogenannten Abschiedsreden von Jesus werden einige Wirkungsweisen des Heiligen Geistes genannt. Der Geist lehrt und erinnert an das, was Jesus seinen Jüngern gesagt hat (Johannes 14,26). Mehrfach wird dieser Beistand „Geist der Wahrheit“ genannt (Johannes 14,17). Er hilft, die ganze Wahrheit zu verstehen (Johannes 16,13). Der Geist legt Zeugnis für Jesus ab (Johannes 15,26) und öffnet die Augen der Welt „für ihre Schuld, für die Gerechtigkeit und das Gericht“ (Johannes 16,8).
Nach seiner Auferstehung trat Jesus in die Versammlung seiner Jünger, hauchte sie an und sagte: „Empfangt den Heiligen Geist!“ (Johannes 20,22).
Außerdem lesen wir im Johannesevangelium, dass Jesus seine Jünger auf sein Weggehen vorbereitete und dabei die Sendung eines Beistands (Parakletos) ankündigte. Er sagte, dass es gut sei, dass er weggehe, damit dieser Geist der Wahrheit zu ihnen geschickt werden könne (Johannes 16,7). Wie schon die Propheten im Alten Testament verhieß Jesus seinen Jüngern die Ausgießung des Heiligen Geistes, „der für immer bei euch bleibt“ (Johannes 14,16).
Auch in den anderen Schriften des Neuen Testaments gibt es viele Hinweise auf den Heiligen Geist, besonders in den Briefen des Paulus. Im ersten Brief an die Korinther führt Paulus aus, dass es verschiedene Gaben gibt, die der Geist Gottes den Einzelnen gibt. Im 12. Kapitel zählt er viele Gaben auf, betont aber sehr stark, dass sie alle von dem einen Geist stammen (1. Korinther 12,4-11 und 28-30). Im Brief an die Galater schreibt er von der Frucht des Geistes, die er mit neun Begriffen umschreibt (Galater 5,22-23).
Für Paulus ist die Erfüllung mit dem Heiligen Geist ein zutiefst inneres Geschehen. So schreibt er im Römerbrief: „Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen. Das ist durch den Heiligen Geist geschehen, den Gott uns geschenkt hat.“ (Römer 5,5) Für einen Christen soll nach Paulus der Geist Gottes die bestimmende Kraft sein, nicht mehr seine menschliche Natur (Römer 8,4). Der Empfang des Heiligen Geistes macht einen Menschen zum Kind Gottes und er kann zu Gott „Abba“ (vertrauliche Anrede des Kindes an seinen Vater, entspricht: Papa, Daddy) rufen (Römer 8,15).
Außerdem mahnt Paulus, dass man das Wirken des Geistes nicht unterdrücken soll (1.Thessalonicher 5,19). Wenn die Christen durch den Geist Gottes das Leben haben, so sollen sie auch aus diesem Geist heraus ihr Leben führen (Galater 5,25). Der Geist Gottes ist kein Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft, Liebe und Besonnenheit (2. Timotheus 1,7). Er ist der Motor, der Verwandlung, dass der „alte Mensch“ (Epheser 4,22) immer mehr zum „neuen Menschen“ (Epheser 4,24) werden kann: „Lasst euch dadurch erneuern, dass Gottes Geist in eurem Verstand wirkt.“ (Epheser 4,23)
Im Neuen Testament gibt es Stellen, die Gottes Geist unbekümmert als „Geist Christi“ oder „Geist Jesu“ bezeichnen. In der Apostelgeschichte wird beschrieben, dass der Gruppe um Paulus ein bestimmter Weg durch den Geist Jesu untersagt wurde (Apostelgeschichte 16,7). An die Philipper schrieb Paulus, dass er durch die Hilfe ihres Gebets und durch die Hilfe des „Geistes Jesu Christi“ Rettung erfahren wird (Philipper 1,19). Unmittelbar nachdem Paulus im Römerbrief schrieb, dass der Geist Gottes in den Gläubigen wohnt, fuhr er fort: „Wer dagegen diesen Geist nicht hat, den Christus gibt, gehört auch nicht zu ihm.” (Römer 8,9)
Die vielfältigen Belege über den Heiligen Geist in der Bibel zeigen seine zentrale Bedeutung. Das bringt auch das wichtige nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis zum Ausdruck. Dort wird betont, dass der Heilige Geist Gott ist und zusammen mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird. Von seinen vielfältigen Wirkungen wird dort das „Lebendig machen“ und seine Offenbarungstätigkeit durch die Propheten genannt.
Wenn man die Aussagen des Neuen Testaments zusammennimmt, kann man also festhalten: Christsein ist ohne Heiligen Geist nicht möglich.
Roland Abt
