Was will Jesus Christus von uns?

Kurze Antwort

Wichtig ist: Wir müssen nichts tun, um Gott zu gefallen, sondern Gott schenkt uns sein Heil. Daraufhin können wir tun, was er von uns will. 

 

Er will, dass wir unser Leben ändern und an das Evangelium glauben. Wir sollen ihm nachfolgen, ihm unser ganzes Leben zur Verfügung stellen und Gott und unsere Nächsten lieben. Durch die Teilnahme am Abendmahl bekräftigen wir den neuen Bund mit Gott. Die Gute Nachricht von Gottes Liebe sollen wir in die Welt hinaustragen.

Umkehr und Glaube

„Johannes der Täufer wurde ins Gefängnis geworfen. Danach kam Jesus nach Galiläa und verkündete die Gute Nachricht von Gott: »Die von Gott bestimmte Zeit ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe. Ändert euer Leben und glaubt dieser Guten Nachricht!« (Markus 1,14f)

 

Mit seinen allerersten Worten fordert Jesus nichts von uns. Im Gegenteil. Er verkündet, dass Gott alles ändert, ganz ohne unser Zutun: „Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe.“ Diese Reihenfolge ist wichtig. Das Reich Gottes kommt nicht, wenn oder weil wir das tun, was Jesus will. Es ist umgekehrt. Weil es kommt – deswegen sollen und können wir etwas tun. Das Heil kommt an die erste Stelle, nicht unser tun. Wer das Heil nicht an der ersten Stelle lässt, richtet Unheil an.

 

Das erste, was Jesus von uns will, ist: Buße tun! Das griechische Wort lässt auch andere Übersetzungen zu, etwa „umkehren“ oder „umdenken“. Wenn sich die ganze Wirklichkeit ändert, soll sich auch unser ganzes Wirken ändern. So hat es schon Luther verstanden und in der ersten seiner 95 Thesen auf den Punkt gebracht: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: ‚Tut Buße‘ usw. (Matthäus 4,17), hat er gewollt, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.“

 

Buße tun, umkehren – das wären für sich allein genommen noch leere Worte. Denn wir wissen ja noch nicht, wohin wir umkehren sollen. Erst der Glaube gibt der Umkehr Richtung, denn der Glaube glaubt etwas Bestimmtes, an jemand Bestimmten. Er verankert mich in etwas Festem wie ein Zeltpflock ein Zelt im Boden verankert. Das hebräische Wort für Glauben heißt „festmachen“. Aber woran? Jesus fordert uns auf, an das Evangelium zu glauben: Evangelium, eine frohe Botschaft, wird in diesen Versen beschrieben als Evangelium vom Reich Gottes. Wer an das Evangelium vom Reich Gottes glaubt, der glaubt, dass Gott der Herrscher ist und nicht er selbst. Der glaubt, dass Gott herrscht. Und dieser Glaube ist der Glaube an eine frohe Botschaft. Denn dieser Glaube entlastet mich vom Selber-Herrschen-Müssen oder vom Andere-Götter-Suchen-Müssen.

 

Nachfolgen auch im Leiden

„Dann rief Jesus das Volk und seine Jünger zu sich. Er sagte: »Wer mir folgen will, darf nicht an seinem Leben hängen. Er muss sein Kreuz auf sich nehmen und mir auf meinem Weg folgen.“ (Markus 8,34)

 

„Wer mir folgen will...“ was heißt das heute für uns? Wir können Jesus ja nicht mehr auf unseren Füßen nachlaufen über die staubigen Straßen Galiläas. Was haben Jesu Nachfolger und Nachfolgerinnen eigentlich damals gemacht? Sie sind einfach an die Orte gegangen, die Jesus aufgesucht hat, haben ihm zugehört und bei dem mitgemacht, was er gemacht hat. Und das geht heute auch noch. Welches sind die Orte und Menschen in meinem Lebenskreis, die Jesus wohl aufgesucht hätte? Wo kann ich ihn hören? Was tut Jesus und wie kann ich mitmachen?

 

Nachfolge bekommt in Kapitel 8 einen neuen Ton. Wer nachfolgt, muss bereit sein, zu leiden. Sein Kreuz auf sich nehmen – das hatte in der damaligen Zeit einen klaren Sinn. Es hieß, gegebenenfalls den Querbalken eines Kreuzes bis zur eigenen Hinrichtungsstätte zu tragen, kurz: sich auf einen grausamen Tod einzustellen. Manche sprechen deswegen von „Leidensnachfolge“. Das Wort ist missverständlich, denn wir sollen nicht dem Leiden nachfolgen. Es heißt Jesusnachfolge, nicht Leidensnachfolge. Nur sollen wir uns darauf einstellen, dass wir, wenn wir ihm nachfolgen, auch leiden werden, und dass das eher die Normalität darstellt als den Ausnahmefall.

 

Sich Gott hingeben 

„Sie gingen zu ihm und sagten: »Lehrer, wir wissen: Dir geht es nur um die Wahrheit. Dabei nimmst du auf niemanden Rücksicht, denn du siehst nicht auf die Person. Vielmehr sagst du die Wahrheit und lehrst, wie wir nach Gottes Willen leben sollen. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen oder nicht? Sollen wir sie nun zahlen oder nicht?« Jesus durchschaute ihr falsches Spiel und sagte zu ihnen: »Wollt ihr mich auf die Probe stellen? Gebt mir eine Silbermünze, ich will sie mir ansehen.« Sie gaben ihm eine, und er fragte sie: »Wer ist auf dem Bild zu sehen, und wer wird in der Inschrift genannt?« Sie antworteten: »Der Kaiser.« Da sagte Jesus zu ihnen: »Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!« Über diese Antwort waren sie sehr erstaunt.“ (Markus 12,14-17)

 

Jesus lässt sich eine römische Münze zeigen, mit dem Bild und der Aufschrift des Kaisers. Es ist leicht verständlich, dass man die dem Kaiser geben soll, sie gehört ja ihm, was durch Bild und Aufschrift klar ist. Was aber sollen wir Gott geben? Was ist die Münze, die wir Gott zurückgeben müssen, weil sie Gott gehört? Was trägt Bild und Aufschrift Gottes? Antwort: wir. Wir sind Ebenbild Gottes. Was will Jesus deswegen? Er will, dass wir uns Gott zurückgeben als die, die ihm ohnehin gehören. Wir sollen sozusagen keine Steuer hinterziehen, die Gott von uns einfordert. Wir sollen ihm glauben.

 

„Ein Schriftgelehrter war dazugekommen und hatte die Auseinandersetzung mit angehört. Als er merkte, wie treffend Jesus den Sadduzäern geantwortet hatte, fragte er ihn: »Welches Gebot ist das wichtigste von allen?« Jesus antwortete: »Das wichtigste Gebot ist dieses: Höre, Israel: Der Herr ist unser Gott, der Herr allein! Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. Und als Zweites kommt dieses dazu: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden.«“ (Markus 12,28-31).

 

Was ist Kern und Stern der Bibel? Worauf läuft alles zu? Jesus zitiert das Glaubensbekenntnis Israels aus 5. Mose 6,4 und den ihm folgenden Vers. Er fordert uns auf, Gott zu lieben. Warum Gott lieben? Oder: Warum fragt der Auferstandene am See Genezareth seinen Jünger Petrus ausgerechnet, ob der ihn liebt?

 

Liebe ist vollkommene Hingabe. Deswegen will und kann Gott und sein Sohn Jesus auf unsere Liebe nicht verzichten. Ist Gott unser Schöpfer, dann sind wir ganz sein und sollen uns ihm ganz hingeben. Liebe ist das, was unsere Beziehung zu Gott vollkommen macht. Sie geht über das nur Äußere hinaus und fasst den Menschen auch in seinem Inneren. Gehorsam allein bleibt dem Menschen noch äußerlich, Furcht allein bewegt ihn sogar von Gott weg, auch Ehre und Lob alleine muss das Innere eines Menschen noch nicht notwendig umfassen. Liebe dagegen beschreibt etwas Totales. Es umfasst den Menschen ganz, äußerlich und innerlich.

 

Stellt euch in den neuen Bund!

„Beim Essen nahm Jesus ein Brot. Er lobte Gott und dankte ihm dafür. Dann brach er das Brot in Stücke und gab es seinen Jüngern. Er sagte: »Nehmt, das ist mein Leib.« Dann nahm er den Becher. Er dankte Gott und gab ihn seinen Jüngern. Sie alle tranken daraus. Jesus sagte zu ihnen: »Das ist mein Blut. Es steht für den Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Mein Blut wird für die vielen vergossen werden.“ (Markus 14,22-24)

 

Die Abendmahlsworte Jesu werden in den Evangelien und bei Paulus unterschiedlich überliefert, deswegen habe ich hier ein bisschen gemogelt. Aber egal, wir sollen essen und trinken, von seinem Leib und seinem Blut. Das will Jesus. Warum? Was geschieht, wenn wir zum Abendmahl gehen? Jesus spricht vom „Blut des Bundes“. Wer mit dem Alten Testament vertraut ist, hört hier die Geschichte vom Bundesschluss am Sinai, als Gott mit seinem Volk einen Bund schloss. Wer zum Abendmahl geht, der stellt sich in den Bund mit Gott, den Jesus durch sein Blut geschlossen hat. Wer hier gläubig tut, was Jesus will, der kehrt um, gibt sich Gott ganz hin und empfängt Teilhabe am neuen Bund.

 

In der Marienkirche in Lübeck hängt ein Bild von Hans Memling. Es ist eine alte Kreuzigungsdarstellung: Da sind viele bekannte Personen zu sehen. Johannes, Maria, Soldaten. Aber ein Platz unterm Kreuz ist frei, so als ob der Betrachter eingeladen wäre, sich selbst dazuzustellen. So ist es im Abendmahl: werdet Teilhaber des Kreuzes. Das bedeutet, dass das Kreuz, die Mitte unseres Glaubens, für uns vielleicht nirgendwo so nah wird, so greifbar, wie im Abendmahl. Nirgendwo ist uns Christus so nah wie im Abendmahl. Ich weiß, dass es viele Ansichten zum Abendmahl gibt, viele Abendmahls-Verständnisse. Aber das sollte deutlich sein: hier gibt es Liebe Gottes, die man sehen und schmecken kann.

 

Geht, predigt!

„Jesus sagte zu den elf Jüngern: »Geht in die ganze Welt hinaus. Verkündet allen Menschen die Gute Nachricht.“ (Markus 16,15).

 

Der letzte Wille des Auferstandenen Jesus vor seiner Himmelfahrt. Das, was die Jünger gesehen und erlebt haben, soll nun in die ganze Welt. Gottes ganze Schöpfung, auf der sein Name steht, soll vom Evangelium erfahren.

 

Geht! Man kann oft davon hören, die Kirche solle „offen“ sein, für dieses oder jenes. Ich will jetzt gar nicht über Inhalte streiten. Das Wort „offen“ hat aber einen entscheidenden Nachteil: es geht von einer Kirche aus, die irgendwo steht, offen ist und andere können hineinlaufen. Darum geht es aber nicht. Es geht darum, dass sich diese Kirche aufmacht, hinaus in alle welt.

 

„Mir ist eine ‚verbeulte‘ Kirche lieber, die verletzt und schmutzig ist, weil sie auf die Straßen hinausgeht, als eine Kirche, die wegen ihrer Verschlossenheit und Bequemlichkeit krankt und sich an eigenen Sicherheiten verklammert“ (Papst Franziskus).

 

 

Dr. Clemens Hägele
Albrecht-Bengel-Haus (https://www.bengelhaus.de/)

(Erschien ursprünglich in Theologische Orientierung Nr. 190, S. 10-212 mit dem Titel "Was will Jesus eigentlich von uns?")

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Geändert am: 14.08.2024

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