Was denken Orthodoxe über Jesus Christus?

Kurze Antwort

Als orthodox bezeichnen sich viele uralte Kirchen des Nahen Ostens, in Griechenland und Russland. Der Begriff „orthodox“ ist griechisch und bedeutet „rechtgläubig“. In der orthodoxen Kirche wird Jesus als Gott angesehen, der zeitweilig auf der Erde lebte und für die Schuld der Menschen gestorben ist. Mehr als andere Konfessionen verehrt die orthodoxe Kirche Jesus als den Auferstanden und den Weltenherrscher, der bereits heute auf dem himmlischen Thron sitzt, von wo aus er das Universum regiert.

Der Ursprung der Orthodoxen Kirche 

Im Prinzip haben die Orthodoxen dieselben Wurzeln wie alle anderen christlichen Kirchen. Am Anfang stand Jesus Christus mit seinen Predigten und seinen Wundern, seinem Tod und seiner Auferstehung. Seine Lehre wurde von seinen Schülern, den Aposteln, weitergetragen und überliefert. Schon bald wurden die Anhänger von Jesus „Christen“ genannt (vgl. Apostelgeschichte 11,26). Aus den Gemeinden im östlichen Mittelmeerraum entstand über die Jahrhunderte hinweg die orthodoxe Kirche, die sich später bis nach Russland ausbreitete. Der Begriff „orthodox“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Gott richtig loben“ bzw. „die richtige Lehre über Gott“. 

 

Die orthodoxe Lehre über Jesus 

Natürlich denken nicht alle Orthodoxen gleich über Jesus Christus. Die offizielle Lehre aber ist ziemlich eindeutig. Für orthodoxe Christen ist Jesus demnach Gott, Teil der himmlischen Trinität (Dreieinigkeit). Als Gott ist Jesus laut der orthodoxen Kirche beteiligt an der Schöpfung der Welt und des ganzen Universums. Gleichzeitig war Jesus während seines Lebens auf der Erde ein echter Mensch, allerdings ohne jede Sünde. Durch ein Wunder wurde er von der Jungfrau Maria geboren. Nachdem er die Menschen auf Gott hingewiesen, viele Kranke geheilt und Nächstenliebe geübt hatte, wurde Jesus vollkommen zu Unrecht verurteilt und auf den Wunsch eigensüchtiger Menschen hin getötet. Nach drei Tagen stand Jesus von den Toten auf und lebt jetzt in der ewigen Gegenwart Gottes. In geistlicher Form ist er gleichzeitig auch bei den Gläubigen und bei seiner Gemeinde. 

Die orthodoxe Kirche glaubt auch, dass Jesus für die Sünden der Menschen gestorben ist. Jeder, der sich auf ihn beruft und ihn um Vergebung seiner Schuld bittet, dem wird sie vergeben. Jesus ist nach orthodoxem Glauben auch derjenige, der einmal wiederkommen wirdVor ihmüssen alle Menschen erscheinen, um Rechenschaft für ihr Tun abzulegen. Er wird dann endgültig über ihre weitere Zukunft entscheiden. 

 

Besondere Betonungen 

Betonung der Auferstehung und jetzigen Herrschaft 

Wer eine orthodoxe Kirche besucht, dem fällt bald aufHier wird viel häufiger der auferstandene Jesus im Himmel dargestelltnicht der am Kreuz hängende, wie in den meisten katholischen Gotteshäusern. Orthodoxe Christen heben den Sieg von Jesus über Hölle, Tod und Teufel hervor. Also die jetzt schon angebrochene Herrschaft Christi im Himmel und seine zukünftige Wiederkunft als Richter der Welt. Jesus wird als „Pantokrator“, als Weltenherrscher bezeichnet. So wird er auch auf Ikonen, den heiligen Bildern der orthodoxen Kirche, dargestellt. Zumeist sitzt er dann auf einem Thron und schaut ernst zu den Gläubigen. Der Hintergrund ist fast immer golden oder blau, als Zeichen des Himmels und der göttlichen Herrlichkeit. Jesus ist eine der am häufigsten auf den Ikonen abgebildeten Personen. Außerdem wird gerne auch gemalt, wie Jesus zu Ostern gerade aus dem Grab heraussteigt. 

 

Betonung der Liturgie 

In den orthodoxen Kirchen hat die – meistens gesungene – Liturgie eine viel größere Bedeutung als in den westlichen (v.a. römisch-katholischen und evangelischen) Kirchen. In den westlichen Kirchen wird mehr das Hören auf Gottes Wort, das Nachdenken darüber, die rechte Lehre und das rechte Tun des Menschen betontIn den orthodoxen Kirchen stehen mehr das Lob Gottes und die Anbetung des auferstandenen Christus' im Mittelpunkt und zwar in der Liturgie, in den Gesängen und auch in den Bildern.  

 

Betonung der Nähe von Jesus im Leben des Christens 

Im Gottesdienst, in der Bekreuzigung und im Abendmahl segnet Jesus den Gläubigen in besonderer Weise. Im Glauben und in den Handlungen der Kirche ist Jesus für orthodoxe Christen gegenwärtig und erfahrbar.  

Einige orthodoxe Christen pflegen eine besondere Jesus-Frömmigkeit. Weil Paulus dazu auffordert, ständig zu beten (1.Thessalonischer 5,17), entwickelten sie das sogenannte „Jesus- Gebet“ oder auch „Herzensgebet“. Je nach Region und Gruppe wird es mit leichten Abwandlungen gesprochen. Verbreitet sind die Formulierungen „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“ und „Herr Jesus Christus, steh mir bei“.  

Viele orthodoxe Christen wollen nicht nur mit dem Mund, sondern auch innerlich beten. Zur äußeren Unterstützung haben sie Gebetsketten mit unterschiedlich vielen Knoten oder Perlen in der Hand. Manche orthodoxen Mönche sprechen das Jesus-Gebet 3000 Mal täglich. Die Konzentration auf Jesus soll das ganze Denken bestimmen und den Menschen innerlich zur Ruhe bringen. Die enge Verbindung mit Jesus wird in der Bibel allerdings nicht mit der besonders häufigen Nennung seines Namens verbunden. 

 

Michael Kotsch  

Bibelschule Brake / Bibelbund  

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Geändert am: 05.02.2024

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