„Viele Wege führen nach Rom“ – aber nur einer zu Gott, und auf dem Wegweiser steht: Jesus Christus. Jesus sagte in seiner großen Abschiedsrede vor seinem Tod: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Es gibt keinen anderen Weg zum Vater als mich.“ (Johannes 14,6) Zu dieser knallharten Selbstaussage von Jesus muss jeder Mensch, der sie hört, Stellung beziehen: annehmen oder ablehnen.
… der überlegt sich seine letzten Worte und Taten gut. In der Bibel, im Johannes-Evangelium, lesen wir: „Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war. Jetzt sollte er die Welt verlassen und zum Vater gehen. Er hatte die Menschen immer geliebt, die in der Welt zu ihm gehörten. Und so liebte er sie bis zuletzt.“ (Johannes 13,1)
Es war seine Stunde, nicht die seiner theologischen Gegner, nicht die der mächtigen Römer. Und was tat Jesus in seiner Stunde? Er stand vom festlichen Essen der Passafeier auf, legte sein Obergewand ab, band sich ein Tuch um, goss Wasser in eine Schüssel, kniete nieder und wusch seinen Schülern reihum die Füße. „Er erniedrigte sich selbst“, wird der Apostel Paulus später an die Gemeinde in Philippi schreiben, und hatte dabei vielleicht diese Szene vor Augen (Philipper 2,8).
Der große Prediger, der vollmächtige Teufelsaustreiber, der barmherzige Heiland, der einfühlsame Gleichnis-Erzähler, der berufene Gottessohn, der mit Nachdruck die Anliegen seines himmlischen Vaters vertrat – er, Jesus, legte alle Statussymbole freiwillig ab. Er handelte demütig, wie ein Sklave, scheute sich nicht, sowohl dem Verräter Judas und als auch dem sich selbst überschätzenden Petrus die Füße zu waschen. Der zweifelnd-skeptische Thomas, der schüchterne Andreas, der aufmerksame Philippus und der aufrechte Nathanael – alle zwölf seiner engsten Freunde erfuhren die wohltuende Erfrischung des Fußbades, das Jesus ihnen bereitete. Als Jesus sich erhob und wieder an den Tisch zurückkehrte, schaute er sie alle an und sagte: „Ich habe euch die Füße gewaschen – ich, der Herr und Lehrer. Also sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben. Ihr sollt das tun, was ich für euch getan habe. … Glückselig seid ihr, wenn ihr auch so handelt.“ (Johannes 13,14.15.17b)
Dieser Jesus war wohl der allerdemütigste Mensch, der je über diese Erde gegangen ist. Aber dieser Jesus sagte auch diesen vermeintlich anstößigen Satz, dass der Mensch nur durch ihn zum Vater im Himmel kommen kann. Es gibt keinen anderen Weg und am Ende auch keine andere Tür ins Himmelreich (Johannes 10,9).
Dieses Wort von Jesus gehört zu den großen sieben Selbst-Offenbarungsworten, die Johannes aufgeschrieben hat:
Wir beschäftigen uns näher mit dem sechsten Wort in dieser Reihe. Warum fahren viele Menschen bei diesem Wort reflexartig die Krallen der Abwehr aus? Moderne Menschen mögen keine absoluten Setzungen: Nur ein Weg führt zu Gott – was für eine Zumutung!
Dabei werden oft folgende Argumente ins Feld geführt: Und die Muslime, die wild um die Kaaba tanzen; die Hindus, die mit Selbstkasteiung Thaipusam begehen; das rituelle Reinigungsbad der Buddhisten im Ganges – zählt das alles nichts? Sind das nicht auch Wege, die am Ende zu Gott führen? Bei allem Respekt vor den Gründern dieser Religionen und der Ernsthaftigkeit ihrer Gläubigen – sie alle begehen Wege und Rituale, die von Menschen erdacht und anderen Menschen oft mit Gewalt auferlegt wurden. Zugleich sind sie auch Ausdruck einer großen Sehnsucht, Lasten des Lebens abzulegen und Gott zu finden.
Bei Jesus Christus liegen die Dinge anders: Er kam vom Vater im Himmel zu uns auf die Erde und kehrte nach seinem Tod am Kreuz und der Auferstehung aus dem Grab wieder zu seinem Vater zurück. Darum kennt er den Weg, der allein zum Vater führt. Von ihm bezeugt Johannes der Täufer: „Kein Mensch hat Gott jemals gesehen. Nur der eine, der Mensch geworden ist, selbst Gott ist und an der Seite des Vaters sitzt – der hat uns über ihn Auskunft gegeben.“ (Johannes 1,18)
Und einige Verse vor dem Zeugnis des Täufers lesen wir: „Er, das Wort, wurde ein Mensch. Er lebte bei uns, und wir sahen seine Herrlichkeit. Es war die Herrlichkeit, die ihm der Vater gegeben hat – ihm, seinem einzigen Sohn. Er war ganz erfüllt von Gottes Gnade und Wahrheit.“ (Johannes 1,14) Womit wir auch das zweite Stichwort haben:
Heutzutage wimmelt es von Fake-News, von Lügen, die schamlos und bewusst verbreitet werden. Als Jesus lebte, muss Wahrheit auch eine Rarität gewesen sein. In einem vertraulichen und höchst inhaltsreichen kurzen Gespräch mit einem Vertreter der römischen Staatsmacht sagte Jesus: „Das ist der Grund, warum ich geboren wurde und in die Welt gekommen bin: Ich soll als Zeuge für die Wahrheit eintreten.“ (Johannes 18,28) Woraufhin der Statthalter Roms, Pontius Pilatus, fast resignierend fragte: „Wahrheit – was ist das?“ Wahrheit ist das, was unumstößlich gültig ist, worauf man sich felsenfest verlassen kann. Im 1. Petrusbrief 2,22 wird diese Tatsache, dass Jesus ein Vertreter der Wahrheit ist, ebenfalls betont: „Er hat keine Sünde begangen und keine Lüge kam aus seinem Mund.“
Wer sich auf den Weg mit Jesus begibt, verbannt die Unwahrheit aus seinem Leben. In der Gegenwart dessen, der die Wahrheit ist, herrscht klare, aufrichtige, verlässliche Rede: „Sagt einfach ‚Ja‘, wenn ihr ‚Ja‘ meint, und ‚Nein‘, wenn ihr ‚Nein‘ meint. Jedes weitere Wort kommt vom Bösen.“ (Matthäus 5,37)
Wer sich dem Weg, der zum Vater führt, anvertraut und sich der Wahrheit verpflichtet hat, der empfängt das volle Leben von Jesus. Während der Niederschrift dieser Zeilen wird in Deutschland Karneval gefeiert, teilweise wie von Sinnen. Die Menschen wollen leben, tanzen, singen, lachen. „Und am Aschermittwoch ist alles vorbei“ – zerplatzt der Rausch vom Leben wie eine Seifenblase.
Bei Jesus ist das ganz anders: Am Beginn des Johannes-Evangeliums wird berichtet, wie Jesus mit seinen Jüngern auf einer orientalischen Hochzeit feiert, auf der temperamentvoll gelacht, getanzt und gesungen wird. Jesus verwandelt sogar Wasser in Wein, als ein Engpass auftritt. Das Leben mit Jesus ist ein glaubensfrohes Leben (Johannes 2,1-11).
Blättern wir ein paar Kapitel weiter: Jesus trifft eine Frau an einem Brunnen, aus dem sie Wasser schöpfen will. Er macht ihr ein Angebot: „Ich gebe dir lebendiges Wasser.“ Die Frau antwortet schlagfertig: „Du hast ja kein Gefäß, um Wasser zu schöpfen! Wo willst du denn dann lebendiges Wasser herbekommen?“ „Darauf antwortete Jesus: ‚Wer von diesem Wasser hier trinkt, wird wieder Durst bekommen. Aber wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, wird nie wieder Durst haben. Denn das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden: Ihr Wasser fließt und fließt – bis ins ewige Leben.‘“ Da reagiert die Frau sehr klug, sie bittet: „Herr, gib mir dieses Wasser!“ (vgl. Johannes 4,10-15) Damit wird der Lebensdurst der Frau wirklich gestillt.
Einem Blindgeborenen fiel es wie Schuppen von den Augen: Jesus schenkte ihm das Augenlicht, er konnte die Welt sehen und zugleich bekam er eine neue Perspektive für sein ganzes Leben. Am Ende einer Diskussion mit den Schriftgelehrten begegnete er noch einmal Jesus und sagte: „‚Ich glaube, Herr!‘ Und er fiel vor ihm auf die Knie.“ (Johannes 9,38)
Bei der Auferweckung des Lazarus siegte das Leben über den Tod. Dieses Leben konnte nur Jesus schenken, denn er ist das Leben! Deshalb konnte er den bereits verwesenden Leichnam vor den Augen den Umstehenden ins Leben zurückrufen (vgl. Johannes 11,25).
Dass Jesus von sich sagt, ICH BIN Weg, Wahrheit und Leben, erinnert uns an eine andere biblische Geschichte, die wir in 2. Mose 3,1ff lesen: Die Geschichte vom brennenden Dornbusch, der nicht verbrennt. Aus diesem flammenden Busch hört Mose die Worte des lebendigen Gottes: „ICH BIN DER ICH BIN!“ Indem Jesus siebenmal dieses ICH BIN vor grundsätzliche Worte der Rettung, Heilung und Orientierung setzt, beansprucht er seine Autorität als Gottessohn.
Was tat Jesus, um seine göttliche Macht durchzusetzen? Hat er – wie andere Religionsstifter – Heere gesammelt, Gewalt eingesetzt, andere Meinungen brutal unterdrückt? Nichts von alledem hat er getan, nichts davon hat er seinen Nachfolgern befohlen. Sein Weg ist Einladung, ist Evangelium, Demut, Liebe. Deshalb ist das Kapitel 13 im Johannesevangelium, das die Fußwaschung überliefert, so wichtig, deshalb haben wir sie auch näher betrachtet.
Es gilt für alles, was Jesus sagt: Jeder Mensch, der seine Worte hört, muss sich dazu verhalten. Es gibt einen Weg zu Gott, es gibt eine personifizierte Wahrheit, es gibt eine Fülle des Lebens – nur durch Jesus Christus. Der Mensch kann diese Gaben annehmen oder ablehnen. Die Konsequenzen dieser Entscheidung liegen klar auf dem Tisch.
Sr. Heidemarie Führer
Diakonissenmutterhaus Aidlingen