Was bedeuten die Gleichnisse von Jesus Christus?

Kurze Antwort

Jesus lehrte die Menschen vorzugsweise durch Gleichnisse. Das bedeutet: Er stellte anhand damaliger Alltagssituationen ewige und göttliche Wahrheiten dar.

Jesus verbreitete Gleichnisse 

Obwohl Jesus Gleichnisse nicht erfunden hat, machte er sie sicherlich populär. Er erzählte Bilder und Geschichten aus dem Leben und hat damit den Menschen seine Lehren deutlich gemacht. Gleichnisse waren die bevorzugte Methode, mit der Jesus Menschenmengen unterwies (Markus 4,33-34). Seine Jünger und Nachfolger hielten diese später schriftlich fest. Die Evangelien im Neuen Testament der Bibel berichten von 40-60 Gleichnissen von Jesus. Die genaue Anzahl variiert – je nachdem, was man genau als Gleichnis versteht. Ein Drittel seiner aufgezeichneten Lehre sind Gleichnisse.  

 

Gemeinsame Merkmale der biblischen Gleichnisse

Einige Merkmale haben alle biblischen Gleichnisse von Jesus gemeinsam:

 

Zumeist werden sie eingeleitet mit einer Frage, auf die Jesus eine Antwort gibt. Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter antwortet z. B. auf die Frage: „Wer ist denn mein Mitmensch?“ (Lukas 10,29.30.37) Das Gleichnis vom Senfkorn antwortet auf die Frage: „Wie ist es mit dem Reich Gottes?“ (Lukas 13,18-19) Und das Gleichnis vom Unbarmherzigen Knecht bezieht sich auf die Frage: „Herr, wenn mein Bruder oder meine Schwester mir Unrecht tut, wie oft soll ich ihnen vergeben?“ (Matthäus 18,21.23.35) Es gibt aber auch Gleichnisse, die nicht auf eine Frage, sondern auf eine Situation „antworten“. Dazu gehören die Gleichnisse von dem Verlorenen Schaf, der Verlorenen Münze und dem Verlorenen Sohn. Als Jesus sie erzählte, waren gerade sehr viele sogenannte Sünder zu ihm gekommen. Sie wollten ihn hören, was den religiösen Führern gar nicht gefiel (Lukas 15,1-2). Jesus zeigte in dem Zusammenhang, wie wertvoll Gott jeder einzelne Mensch ist, der zu ihm umkehrt. Und er konfrontierte die religiösen Führer mit ihrer Hartherzigkeit am Beispiel des älteren, daheimgebliebenen Sohnes (Lukas 15,28-32). 

 

Ein anderes gemeinsames Merkmal: Jesus verwendete Alltagsbilder aus der damaligen Welt, um seine Lehren zu vermitteln. Diese Bilder stammten sowohl aus dem Bereich der Landwirtschaft als auch aus dem städtischen Leben, z. B. ein Richter, der um etwas gebeten wurde, ein Pharisäer und ein Zöllner, die im Tempel beteten, und ein Bankett, zu dem die Stadtbewohner eingeladen waren. Alle Charaktere sind generisch und namenlos. Damit ist eine möglichst breite Anwendung möglich.  

 

Der Schwerpunkt in vielen Gleichnissen von Jesus ist das Himmelreich oder seine Bürger. In einer Ansammlung kurzer Gleichnisse (Matthäus 13,24-52) stellte Jesus das Reich Gottes als einen unermesslichen Schatz dar, der umkämpft wird und dennoch wunderbares Wachstum aus kleinen Anfängen erlebt.

 

Häufig enden die Gleichnisse von Jesus auf schockierende Weise. Mit dieser Pointe sollten die Zuhörer überführt werden, ihren Lebensweg zu ändern (z. B. „Geh und mach es ebenso“ in Lukas 10,37; „Der Zolleinnehmer ging nach Hause und war nun vor Gott gerecht – im Unterschied zu dem Pharisäer“ in Lukas 18,14). 

 

Erklärung der Gleichnisse durch Jesus

Gelegentlich erklärte Jesus seine Gleichnisse (siehe Markus 4,13-20), aber die meisten blieben unerklärt. Einige waren schwieriger zu verstehen als andere. Auf die Frage, warum er in Gleichnissen sprach, antwortete Jesus seinen Jüngern: „Euch ist das Geheimnis vom Reich Gottes anvertraut. Aber die anderen Menschen erfahren das alles nur in Gleichnissen. Sie sehen nämlich mit offenen Augen und erkennen nichts und hören mit offenen Ohren und verstehen nichts – es sei denn, sie ändern ihr Leben und ihre Sünden werden ihnen vergeben.“ (Markus 4,11-12) Einerseits sollten also geistliche Wahrheiten durch die Gleichnisse verdeutlicht werden. Andererseits wurden die Hartherzigen dadurch nur noch verstockter, da ihre Verwirrung sie noch weiter vom Glauben an Jesus entfernte. Jeder aber, der offen war für die Lehre von Jesus, konnte diese hören und dann auch immer mehr verstehen (Markus 4,23). Damit öffnen die Gleichnisse bis heute Menschen den Weg zu Gott.  

 

Auslegung der Gleichnisse

In der Geschichte der Christenheit gab es immer wieder Unsicherheiten in Bezug auf die Auslegung der Gleichnisse. Der Kirchenvater Augustinus machte die allegorische Auslegung populär. Ein Beispiel dafür ist das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter als Allegorie für die Heilsgeschichte (Lukas 10,30-37). Der Mann, der von Jerusalem auszieht, ist dabei Adam, der das Paradies verlässt. Die Räuber, die ihn überfallen, sind der Teufel und seine Engel. Jesus ist dann der Samariter, der dem Mann die Wunden verbindet. Sogar Einzelheiten haben bei Augustinus eine Bedeutung. Der Irrtum von Augustinus liegt darin, dass er den Kontext übersah, in den die Gleichnisse hineingesprochen wurden. Denn darin liegt ihre erste Funktion. Bei der Auslegung der Gleichnisse muss man also berücksichtigen, an welche Zuhörerschaft sie gerichtet wurden. 

 

Moderne Ausleger haben als Gegenreaktion behauptet, es gäbe nur einen einzigen Vergleichspunkt, eine Pointe, auf die hin jedes Gleichnis ausgelegt werden darf. Heute sind sich aber viele Ausleger einig, dass die Vergleichspunkte im Leben der Hörer zu finden sein müssen. Dann darf es auch zwei oder drei Vergleichspunkte geben, je nachdem, was Jesus gerade thematisiert hat. Gehen wir zurück zu den Gleichnissen von der Verlorenen Münze, dem Verlorenen Schaf und dem Verlorenen Sohn: Es gab jeweils das Verlorene, welches nichts dazu beitragen konnte, aber gefunden wurde. Damit bezog Jesus sich auf die damaligen Sünder. Dann gab es die „Frommen“, die nicht verloren waren. Sie lud Jesus ein, sich mitzufreuen, statt sich aufzuregen (Lukas 15,31-32). Und ein dritter Vergleichspunkt liegt in der Liebe Gottes, die jedem, der verlorengeht, geduldig nachgeht und ihn voll Freude annimmt. 

 

Die Gleichnisse von Jesus sprechen Menschen aller Zeiten und Kulturkreise auf erstaunlich unmittelbare Weise an. Besser als jede theoretische Abhandlung stellen sie dar, wie sehr Gott die Welt liebt, dass seine Liebe jeden Einzelnen meint und dass sein Reich die Welt verändern wird. Um in die Welt der Gleichnisse von Jesus einzutauchen, kannst du in Matthäus 13 anfangen. 

 

 

Marietta Jerkovic  

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Geändert am: 02.07.2024

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