In Markus 7,14-15 erklärt Jesus indirekt alle Speisen für rein. Das wird an mehreren Stellen im Neuen Testament von Petrus und Paulus bestätigt.
Die jüdischen Reinheitsgesetze sollten die Israeliten ursprünglich vor Götzendienst schützen. Seit Jesus Christus und der Entstehung der Gemeinde sind sie überflüssig geworden. Die böse Unreinheit im menschlichen Herzen kann durch kein Gesetz gereinigt werden, sondern nur durch Jesus Christus selbst.
Jesus, als Jude in Israel aufgewachsen
Jesus Christus wurde in eine jüdische Familie hineingeboren. Deshalb lernte er schon als Kind, was man als Jude essen durfte und was nicht. Diese Regeln stammten aus den Mosebüchern der Bibel. Dort waren die grundlegenden Speisegebote Gottes formuliert. Vor allem in 3. Mose 11. Die Israeliten sollten wissen, welche Landtiere, Fische, Vögel und Insekten sie essen durften und welche nicht. Die erlaubten Tiere waren rein für sie, die verbotenen unrein. Mit letzteren durften die Menschen nicht einmal in Berührung kommen, sonst würden sie selbst unrein werden. Auch auf anderen Gebieten konnte Unreinheit entstehen, zum Beispiel durch Aussatz, Ausfluss, Berührung eines Toten, Fremdgehen und andere sexuelle Verfehlungen. Unreinheit war also in gewisser Hinsicht ansteckend.
Natürlich gab es auch Vorschriften, wie jemand seine Unreinheit wieder loswerden konnte. Meist genügten einfache Waschungen oder solche, die mit bestimmten Ritualen verbunden waren. Schwere Unreinheiten (Sünden) benötigten blutige Tieropfer, die ein Priester darbringen musste.
Welche Bedeutung hatten die Reinheitsgebote?
Wie ernst diese Gebote in Israel genommen werden mussten, zeigt 3. Mose 7,21. Das Fleisch einer heiligen Opfergabe durfte normalerweise von den beteiligten Personen gegessen werden. Aber wenn eine unreine Person es wagte, davon zu essen, musste sie aus dem Volk ausgelöscht werden.
Die Reinheitsgebote machten etwas von der Heiligkeit Gottes deutlich. Der Unreine war grundsätzlich vom Gottesdienst ausgeschlossen und galt als von ihm getrennt. Als Unreiner musste er sich auch von anderen Menschen fernhalten.
Vor Gott konnten nur innerlich reine Menschen bestehen, die sich an seine Gebote hielten. Das war der eigentliche Sinn der Reinheitsgesetze. Sie machten den Unterschied zwischen Gottes Volk und den anderen Völkern sichtbar. Die Speisegesetze schlossen jede Teilnahme an Götzenopfern aus, auch jedes gemeinsame Essen mit Menschen aus anderen Völkern. Als positive Nebenwirkung schützten die Speisegesetze auch vor einigen Infektionskrankheiten.
Was für Jesus die eigentliche Unreinheit war
Als Erwachsener wurde Jesus in eine Auseinandersetzung mit den Pharisäern und Schriftgelehrten verwickelt. Diese hatten einige seiner Jünger ertappt, wie sie mit ungewaschenen Händen Brot aßen. Gleich wollten sie von Jesus wissen, warum er nicht dafür sorgte, dass seine Jünger sich an die überlieferten Vorschriften hielten. Doch Jesus durchschaute die Frage, denn solche Vorschriften wurden zwar seit Generationen überliefert, waren aber kein göttliches Gebot.
Deshalb bezeichnete Jesus seine Angreifer als Heuchler und hielt ihnen vor, dass Gott schon durch den Propheten Jesaja von ihnen gesprochen hatte (Markus 7,6-7). Und er fügte hinzu: „Gottes Gebote schiebt ihr beiseite und haltet an Vorschriften von Menschen fest.“ (Markus 7,8) Einige Pharisäer gingen so weit, dass sie mit ihrer Vorstellung von Frömmigkeit Menschen dazu brachten, nicht mehr für ihre alten Eltern zu sorgen (Markus 7,10-13).
Jetzt rief Jesus die ganze Volksmenge zu sich, denn er wollte ihnen ein sehr wichtiges Prinzip einschärfen: „Nicht das, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen. Vielmehr macht ihn das unrein, was aus dem Menschen herauskommt.“ (Markus 7,15)
Als Jesus dann mit seinen Jüngern wieder allein war, fragten sie ihn nach der Bedeutung dieser Sätze. Da sagte Jesus es ihnen noch deutlicher: „Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen. Denn es kommt nicht in sein Herz, sondern in seinen Magen. Dann wird es vom Körper wieder ausgeschieden.“ (Markus 7,18-19) Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. Der letzte Satz bestätigt unsere Fragestellung in der Überschrift. Der Evangelist Markus hatte es richtig verstanden. Ja, Jesus erklärte alle Speisen für rein. Aber warum machte Jesus das?
Warum setzte Jesus die jüdischen Speisevorschriften außer Kraft?
Eine erste Antwort liefert das Beispiel der damaligen Pharisäer. Wie diese denken sich Menschen gern eigene Regeln für ihre Frömmigkeit aus. Dafür gestatten sie sich vieles, was ihnen für die persönliche Bequemlichkeit oder Selbstdarstellung wichtig erscheint. Aber Jesus will, dass gerade unser Innerstes, unser Herz, rein ist.
Deshalb erklärte er damals seinen Jüngern, was alles in Menschen steckt. Alle bösen Gedanken kommen aus ihrem Inneren: „sexuelles Fehlverhalten, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Betrug, Zügellosigkeit, Neid, Verleumdung, Überheblichkeit und Unvernunft“ (Markus 7,21-22). Diese Dinge können sehr schnell böse Wirklichkeit werden, wenn sie in irgendeiner Form unser Denken, Reden und Tun bestimmen.
Aber das unreine Herz eines Menschen kann niemals durch Befolgen äußerer Gesetze gereinigt werden. Denn was ein Mensch an Bösem im Herzen hat, kann er nicht einfach ausscheiden wie die Reste verdauter Nahrung. Im Gegenteil: Wenn diese bösen Gedanken hinausdrängen und zu Worten und Taten werden, ist das viel schlimmer, als etwas Falsches gegessen zu haben. Deshalb hielt Jesus die Zeit für gekommen, die Menschen für die tiefer gehende und andauernde Reinigungvorzubereiten.
Das geschah dann, als Jesus Christus sein Werk vollendete, indem er sich selbst als Opfer Gott zur Verfügung stellte. Lebendig an ein Kreuz angenagelt starb er einen blutigen Tod. Dieses Blut wurde von Gott als das Reinigungsmittel für unsere Sünden anerkannt (1. Petrus 1,2; Offenbarung 1,5), es ist der Preis, den Jesus dafür bezahlt hat, dass wir mit ihm leben können (1. Petrus 1,19). Und nachdem Jesus das Opfer gebracht hat, das von Sündenreinigt, hat er den Ehrenplatz im Himmel eingenommen, den Platz an der rechten Seite der höchsten Majestät (Hebräer 1,3). – Speisegesetze können das Böse im Menschen weder verhindern noch entfernen. Das wurde erst durch das vollendete Werk von Jesus Christus für alle ermöglicht, die an ihn glauben.
Eine zweite Antwort liefern die veränderten Verhältnisse zur Zeit des Neuen Testaments. Die Reinigungsgesetze im Alten Testament sollten die Israeliten praktisch vor dem Götzendienst schützen. Dies war nun nicht länger nötig, denn die Juden betrachteten sich inzwischen sehr bewusst als das einzige auserwählte Volk Gottes. Aber noch wichtiger war der Vorausblick von Jesus Christus auf die kommende Gemeinde, eine Einheit aus Juden- und Heidenchristen. Dann werden Speisevorschriften aufgehoben sein (Epheser 2,14-15).
Die Juden allerdings beachten die Gesetze für koschere (erlaubte) Speisen und Getränke bis heute. Das liegt auch daran, dass die meisten von ihnen Jesus Christus als ihren Messias ablehnen.
Petrus und Paulus hatten Jesus gut verstanden
Nachdem Jesus Christus gekreuzigt und für die Sünden der Menschen gestorben war, wurde er am dritten Tag auferweckt und vierzig Tage später zum Himmel aufgehoben. Seitdem predigten seine Jünger die gute Nachricht von Jesus. Die Juden unter den Christen hielten sich immer noch an die jüdischen Speisegebote. Jesus hatte diese auch nicht verboten, sondern nur erklärt, dass keine Speise das Herz eines Menschen verunreinigen kann. Und darauf kommt es an.
Eines Tages wurden dem hungrigen Apostel Petrus in einer göttlichen Vision unreine Tiere mit der Aufforderung gezeigt, sich davon zu bedienen. Petrus weigerte sich strikt. Da sagte die göttliche Stimme: „Was Gott rein gemacht hat, das sollst du nicht unrein nennen!“ (Apostelgeschichte 10,15) Das geschah dreimal und Petrus begriff, dass es jetzt keine äußere Unreinheit mehr in Bezug auf Speisen gibt, weil Gott das alles gereinigt hat. Juden dürfen jetzt nichtjüdische Menschen nicht mehr als unrein betrachten.
Auch der Apostel Paulus berief sich auf Jesus, als er an die römischen Heiden- und Juden-Christen schrieb: Sie sollten aufhören, sich gegenseitig zu verurteilen. „Nichts ist von sich aus unrein. Unrein ist es nur für den, der es dafürhält.“ Und er ermahnte sie, Gottes Werk nicht wegen einer Essenfrage zu zerstören (Römer 14,14.20). Das sollen auch wir nicht tun, denn in Bezug auf unser Essen ist alles, was Gott geschaffen hat, gut. So schrieb es der Apostel an seinen Mitarbeiter. Alle Speisen dürfen mit Dank an Gott genossen werden (1. Timotheus 4,3-5).
Karl-Heinz Vanheiden
Theologischer Referent des Bibelbundes
Bibelübersetzer und Bibellehrer im Reisedienst