Jesus Christus war zeitlebens weder verheiratet noch verlobt. Er lebte als Wanderprediger von seinem 30. bis zu seinem 33. Lebensjahr als Single und sah dies als Teil seiner Berufung an (vgl. Matthäus 19,11-12). Eine Reihe historischer und theologischer Gründe unterstützen diese Aussage. Allerdings hat Jesus sozusagen zukünftige, ewige Heiratspläne.
Dass Jesus geheiratet hat oder verlobt war, ist weder der Bibel noch anderen bekannten außerbiblischen Schriften zu entnehmen. Wir müssen also davon ausgehen, dass Jesus unverheiratet war. Das bedeutet auch, dass er keine sexuelle Beziehung führte. Schon zu seiner Zeit gab es unterschiedliche ethisch-moralische Vorstellungen von Ehe und sexueller Vereinigung; die römische und jüdische Kultur standen sich dabei konträr gegenüber. In Rom war es Männern schon Jahrzehnte vor Christus erlaubt, außerehelichen Geschlechtsverkehr zu haben, und auch andere sexuelle Diversitäten waren frei zugänglich. Dagegen war es in der jüdischen Kultur ein absolutes No-Go, unverheiratet Geschlechtsverkehr zu haben. Die sexuelle Vereinigung war ausschließlich innerhalb der lebenslangen Ehe zwischen Mann und Frau vorgesehen. Nirgendwo wird berichtet, dass Jesus eine solche Ehe führte. Deshalb können wir begründet davon ausgehen, dass er bis zu seinem Tod mit 33 Jahren unverheiratet als Single lebte.
Allgemein wurde ein junger Mann zur damaligen Zeit mit seiner Bar Mitzwa mit 13 Jahren ein volljähriges und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft. Damit wurde er in alle Rechte und Pflichten hineingenommen. Dies bedeutete auch, dass mit Eintreten der Geschlechtsfähigkeit geheiratet wurde. So erfolgte die Heirat in der Regel noch in der zweiten Lebensdekade. Doch um heiraten zu können, musste zuerst eine Verlobung (hebr. Kidduschin) eingegangen werden; diese konnte schon mit Erreichen des 12. Lebensjahres geschlossen werden. Die Verlobung wurde mit einem schriftlichen, verbindlichen Vertrag sowie der Übergabe von Geld oder einem kostbaren Gegenstand festgehalten. Dieser Vertrag hatte schon die gleiche Gültigkeit wie ein Ehevertrag (Nisu’in) und beinhaltete etliche Zahlungspositionen für den Fall einer Nichtheirat oder einer späteren Scheidung. Nach der Verlobung hatte der junge Mann die Verpflichtung, ein Heim zu bauen und eine Wirtschaftseinnahme vorzuweisen, um seiner Frau Sicherheit und ein Zuhause zu bieten. Ohne Erfüllung dieser Verpflichtungen war die Heirat nicht möglich.
Mit der Heirat wurde die Frau dann zum Mann nach Hause geholt und die Vereinigung von Seele und Leib fand statt. Ehe im Biblischen Sinne wird daran sichtbar, dass sich beide sexuell vereinen; dies wird meist mit dem Begriff „erkennen“ beschrieben (1. Mose 4,1). Im gemeinsamen Haus begann dann das gemeinsame Leben mit verschiedenen Pflichten. So heißt es in der Bibel: „Darum verlässt ein Mann seinen Vater und seine Mutter und verbindet sich mit seiner Frau. Sie sind dann eins mit Leib und Seele.“ (1. Mose 2,24) Der erste Geschlechtsverkehr war also in der jüdischen Tradition verbunden mit der Hochzeitsfeier und dem Eheschluss. Dies bedeutete, dass sowohl Mann als auch Frau ihr Elternhaus verließen und ein neues Heim entstand.
Jesus war bis zu seinem öffentlichen Wirken in seinem Elternhaus tätig und arbeitete mit, um seine Familie zu ernähren. Von dort aus begann er dann mit 30 Jahren mit seinem öffentlichen Wirken (Lukas 3,23). Er zog zusammen mit seinen 12 Jüngern als Wanderprediger durch das Land. Es gab somit kein Eigenheim und während seiner dreijährigen Reisezeit war auch der Bau eines solchen Eigenheims nicht möglich und nötig. Damit war eine der Grundvoraussetzungen für eine Eheschließung nicht erfüllt.
Eine Hochzeit zur damaligen Zeit war immer eine öffentliche Handlung. Dazu wurde das gesamte Dorf eingeladen (Johannes 2,1-2). Man heiratete und feierte eine ganze Woche lang, sodass es nicht zu übersehen war, wenn ein Mensch in die Ehe eintrat.
Wäre Jesus also verheiratet gewesen, wäre dies auf irgendeine Art und Weise aufgefallen und notiert worden. Das Leben, das Jesus als Wanderprediger führte – aus seinem Elternhaus heraus – wäre mit einer Ehe nicht kompatibel gewesen. Außerdem wäre bei seinem Tod mit 33 Jahren die Ehefrau in eine Trauerphase gegangen, die klar vorgeschrieben war. Sie hätte ihren Mann betrauert und wäre als Witwe zurückgeblieben. Von all dem ist nichts bekannt oder beschrieben.
Dass Jesus nicht verheiratet war, hat allerdings noch tiefere Gründe und ist nicht rein zufällig. Seiner Ehelosigkeit liegt Folgendes zugrunde:
Die Hinweise auf die kommende Hochzeit, die Jesus in der Bibel gibt, entsprechen übrigens exakt der Hochzeitstradition einer damaligen galiläischen Trauung (alle seine Jünger waren Galiläer und verstanden seine Hinweise auf die zukünftige Hochzeit). In der Bibel spricht Jesus: „Und wenn ich dorthin gegangen bin und für euch einen Platz vorbereitet habe, werde ich wiederkommen …“ (Johannes 14,3). Eine Stätte zu bereiten war die Verpflichtung eines Verlobten gegenüber seiner Braut für den Hochzeitstag. Er musste also heimgehen, um eine Stätte, ein Haus, eine Wohnung zu bauen. Bei seiner Himmelfahrt versprach Jesus, dass er das „jetzt“ im Himmel tun wird.
Danach wird er wiederkommen, um seine Gemeinde zu sich zu holen. Damit ist seine zweite Wiederkunft gemeint, die noch aussteht. Jesus selbst sagte: „An welchem Tag und zu welcher Stunde das sein wird, weiß niemand – auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern ganz allein der Vater.“ (Matthäus 24,36) Hier wird die Hochzeitstradition angesprochen, dass bei einer galiläischen Hochzeit keiner wusste, wann die Trauung wirklich stattfand. Die Braut hatte die Aufgabe, sich hübsch zu machen und dann in ihrem Brautkleid mit den Brautjungfern noch einige Tage und Nächte auszuharren, bis der Moment kam. Der Vater entschied selbst ohne Wissen des Sohnes, wann die Trauung des Sohnes stattfinden sollte. Er weckte den Bräutigam (also den Sohn) mitten in der Nacht. Jesus kündigte ebenso an, dass der Menschensohn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht (Matthäus 24,43). Nicht, dass er ein Dieb ist, sondern nur wie ein Dieb. Also unvorhergesehen und in der Dunkelheit der Menschheitsgeschichte. So weckte in der Hochzeitstradition der Vater den Sohn in der Nacht und sie zogen mit Posaunenschall los, der Braut entgegen, welche durch den Lärm hörte, dass es losging, aufstand und ihrem Bräutigam entgegenzog. Dabei standen auch die Dorfbewohner auf, wenn sie beim Fest teilnehmen wollten, und schlossen sich dem zunehmenden Menschenzug mit der Braut an. Unterwegs trafen sich die zwei.
So beschreibt also Jesus noch zu seinen Lebzeiten, wie eines Tages die große himmlische Hochzeit stattfinden wird und wie er seine Braut (seine Nachfolger und Jünger, die weltweit und zu allen Zeiten an ihn glauben) zusammenrufen wird. Selbst die Gräber werden sich öffnen und alle, die gestorben sind, werden auferstehen, um bei dieser Hochzeit dabei zu sein.
Damit ist klar, dass Jesus weder verheiratet noch verlobt war. Vielmehr ist er sozusagen geistlich verlobt mit all denen, die sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg entschieden haben, ihm nachzufolgen, ihn zu lieben und mit ihm im Himmel vereint zu sein. So findet die große Hochzeitsfeier, das große „Erkennen“, eines Tages im Himmel mit dem Herrn Jesus Christus statt.
Stefan Lepp, M.A., theologischer Leiter Mühle Weingarten e.V.
Mühle Weingarten e.V., Zentrum für Gebet und Jüngerschaft
