Christen nehmen sich Christus zum Vorbild (Philipper 2,5). Weil sie ihm nachfolgen, schauen sie sich von ihm ab, wie er sich gegenüber seinem himmlischen Vater verhält. Sie lernen von ihm, wie er betet, leidet, vertraut, wie er Freund und Feind liebt und zur Umkehr einlädt (Matthäus 5,16).
Auf den Maßstab kommt es an
Es wird keine Landkarte gezeichnet, kein Haus gebaut, kein Tunnel gebohrt, ohne vorher den Maßstab festzulegen. Der steht in der Regel unter der Plan-Zeichnung, z. B. 1:1000. Das kann bedeuten, dass 1 Meter auf der Zeichnung 1000 Metern in Wirklichkeit entspricht. Wer dieses Verhältnis 1:1000 während der Realisierung des Plans willkürlich ändert, erzeugt komische bis gefährliche Ergebnisse: Die Landkarte führt nicht zum Ziel, das Haus ist unbrauchbar, der Tunnel wird einstürzen.
Auch für unser Leben als Christen ist das nicht anders. Der Maßstab dafür ist festgelegt. Er heißt Jesus Christus und gilt für alle Bereiche des Lebens. Bleiben wir bei dem Beispiel 1:1000: Mein kleines Leben orientiert sich an einer großen Wirklichkeit!
So gesinnt sein wie Christus?
Wer kann das? Ist das nicht viele Nummern zu groß für Menschen wie dich und mich? Menschen, die sich streiten, die neidisch sind, die egoistisch oder habgierig sind? Kurz gesagt: Menschen sind in einer tiefen Dimension ihres Wesens böse – so lautet Gottes Diagnose in 1. Mose 8,21b. Jesus unterstreicht diese Diagnose in Matthäus 15,19.
Und solche Menschen sollen nun eine Gesinnung wie Jesus Christus an den Tag legen können?
Alles auf Anfang!
Wir merken schon: Mit unseren natürlichen Anlagen können wir im Blick auf eine Christus-Gesinnung nicht viel erreichen. Wir kriegen die alten Reflexe nicht weg. Wir brauchen einen Neubeginn wie bei einer Geburt.
Darüber sprach Jesus während seines Lebens auf der Erde mit einem Theologen. Der Mann hatte sich ernsthaft mit Jesus und seinen Predigten und Taten beschäftigt und wollte mehr von ihm wissen. Er besuchte ihn deshalb persönlich. Aber das sollte nicht jeder sehen. Es war schon dunkel, als Jesus ihm die Tür öffnete.
Nach kurzem Smalltalk konfrontierte Jesus ihn mit einer steilen These: „Mann, du musst von Neuem geboren werden, sonst verstehst du überhaupt nichts vom göttlichen Maßstab!“ Nikodemus, so hieß der nächtliche Besucher, fragte zurück: „Ich bin ein Mann in den besten Jahren! Ich kann doch ‚nicht in den Mutterleib zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden‘!“ (Johannes 3,4)
Auf den Geist kommt es an
„Jesus antwortete: … Nur wenn jemand aus Wasser und Geist geboren wird, kann er in das Reich Gottes hineinkommen. Was von Menschen geboren wird, ist ein Menschenkind. Was vom Geist geboren wird, ist ein Kind des Geistes.“ (Johannes 3,5.6)
Es entspann sich ein wichtiges Gespräch zwischen den beiden. Nikodemus hat die „Wiedergeburt“ auch nicht auf Anhieb begriffen. Wir können diesen Vorgang nicht mit unserer Logik begreifen, dafür ist sie nicht geschaffen. Aber wir dürfen uns darauf verlassen, dass jeder, der an Jesus Christus glaubt, den Heiligen Geist empfängt. Und damit beginnt etwas ganz neu zu werden in seinem Leben. „Denen, die ihn aufnahmen, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu werden. – Das sind alle, die an ihn glauben“ (bitte Johannes 1,12-13 lesen).
Das neue Leben wächst
Dieses von Gott verliehene neue Leben entfaltet sich und verbreitet die Gesinnung, die in Christus ist. Diese Gesinnung wird uns im Philipperbrief in einem Christuslied vor Augen gemalt (Philipper 2,6-11):
Christuslied |
Vorbild für Christen |
„Er war von göttlicher Gestalt. Aber er hielt nicht daran fest, Gott gleich zu sein – so wie ein Dieb an seiner Beute.“ | Sie können sich zurücknehmen, auf ihr eigenes Recht verzichten, obwohl es ihnen zustünde. |
„Er legte die göttliche Gestalt ab und nahm Knechtsgestalt an. Er wurde in allem den Menschen gleich. In jeder Hinsicht war er wie ein Mensch.“ | Wer Jesus nachfolgt, kann vom hohen Ross herunterkommen, seinen Mitmenschen dienen. Diese Person fühlt sich nicht besser als die anderen und steht ihnen barmherzig zur Seite. |
„Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis in den Tod – ja, bis in den Tod am Kreuz.“ | Sie hören auf Gottes Wort und leben gehorsam nach Gottes Willen. Nicht die Karriereleiter, die ständig nach oben führt, bestimmt sie. Sondern die Himmelsleiter, die von oben in die Tiefe führt. Stationen auf diesem Weg können Verfolgung, Not und sogar Tod heißen (vgl. Matthäus 10,16-20 und 16,24.25). |
„Deshalb hat ihn Gott auch erhöht: Er hat ihm den Namen verliehen, der hoch über allen Namen steht.“ |
Im Himmel gibt es keine namenlose Masse. Christen sind im Himmel gut bekannt, mit Namen! (Lukas 10,20) Zwischen Christus und Christen geht es persönlich zu: Er ruft sie mit ihrem Namen, wie ein guter Hirte seine Schafe (Johannes 10,3; vgl. auch Jesaja 43,1). |
„Denn vor dem Namen von Jesus soll sich jedes Knie beugen – im Himmel, auf der Erde und unter der Erde. Und jede Zunge soll bekennen: Jesus ist der Herr! Das geschieht zur Ehre Gottes, des Vaters.“ |
Dieses Ziel haben Christen vor Augen, wenn sie Christus nachfolgen und wenn sie seine Einladung, sich ihm anzuvertrauen, weitergeben; wenn sie Liebe, Barmherzigkeit, Demut, Hoffnung dort verbreiten, wo sie leben. Sie richten sich nach dem Motto: „Macht (...) in eurem Leben deutlich, dass der Herr, Christus, heilig ist. Seid jederzeit bereit, Rechenschaft abzulegen über die Hoffnung, von der ihr erfüllt seid.“ (1. Petrus 3,15) |
Alles neu – auf Knopfdruck?
Vieles in unserer technisierten Welt funktioniert auf Knopfdruck, und das immer schneller. Mit dem neuen Leben mit und in Christus geht überhaupt nichts auf Knopfdruck. Es wächst wie das Korn auf dem Feld. Es braucht Nahrung – das einzigartige Wort Gottes, gelesen in der Bibel, gehört in der Predigt, gesungen im Lied, zugesprochen in der Seelsorge. Davon kann der neue Mensch nicht genug bekommen, denn davon lebt und wächst er. „Der Mensch lebt nicht nur von Brot. Nein, vielmehr lebt er von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt.“ (Matthäus 4,4)
Aber Tatsache ist auch, dass wir immer noch in unserer angeborenen Existenz stecken. Die meldet sich täglich zu Wort, will sich durchsetzen gegen die neue, himmlische. Diesen Kampf gilt es zu bestehen. Es gelingt nicht immer, aber wir haben die Zusage von Jesus, dass wir täglich neu anfangen dürfen. „Vergib uns unsere Schuld – so wie auch wir denen vergeben haben, die an uns schuldig geworden sind“ (Matthäus 6,12). Das ist kein Wandspruch, sondern ein unvergleichlich geniales Kombi-Paket für unsere heile Beziehung zu Gott und den Nächsten. Er vergibt uns unser Stolpern und Fallen, richtet uns wieder auf und – weiter geht’s, dem Ziel zu.
Weil das so ist, muss der Kampf nicht in Krampf ausarten. Der auferstandene Christus versprachseinen Jüngern, kurz bevor zu seinem himmlischen Vater in die ewige Herrlichkeit aufgenommen wurde: „Seid gewiss: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt“ (Matthäus 28,20b). Und das gilt für uns als seine Nachfolger heute genauso.
Noch Fragen?
Bestimmt haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser noch viele Fragen. Ich auch. Viele Fragen sind sehr vielschichtig. Sie können oft auch nicht restlos beantwortet werden. Deshalb schauen Sie sich immer wieder auf unserer Plattform Creedle Rockc um. Manche Fragen tauchen auch in anderen Zusammenhängen auf und werden von einer ganz anderen Perspektive aus beantwortet.
Erst wenn wir bei Christus angekommen sind, werden alle Fragen beantwortet sein. Er hat uns zugesagt:
„Ich werde euch wiedersehen. Dann wird euer Herz voll Freude sein, und diese Freude kann euch niemand mehr nehmen. An diesem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen.“ (Johannes 16,22.23)
Sr. Heidemarie Führer
Diakonissenmutterhaus Aidlingen