Ist Jesus Christus die Kraftquelle der Kirche?

Kurze Antwort

Aktuell verlieren die Kirchen in Deutschland und im Westen Einfluss. Das Christentum ist keine Staatsreligion mehr, Kirchen werden scheinbar nicht mehr gebraucht. 

 

Aber diese Schwäche kann auch eine Stärke sein. Denn Jesus Christus liebt die Schwachen und schenkt ihnen seine Kraft. Auch die ersten Christen waren eine Minderheit ohne Macht. Wenn die Kirche sich auf Jesus als ihre Kraftquelle besinnt, kann sie auch mit wenig Ressourcen und Macht die frohe Botschaft weitertragen.

Die wichtigste These gleich am Anfang: „Nur eine schwache Kirche ist wirklich stark!“ Das ist widersprüchlich, ich weiß. Aber ich bin trotzdem überzeugt, dass es stimmt. Was ist damit gemeint?

 

Eine Ära ist zu Ende

Zuerst einmal ist es einfach Realität: die Kirchen in Deutschland – und der westlichen Welt allgemein – sind schwach. Es ist egal, ob sie das wollen oder nicht. Es ist sogar egal, ob sie es merken. Fakt ist: Christen sind in der Minderheit. Immer weniger Menschen sind Mitglied einer Kirche, egal ob römisch-katholisch, evangelisch-landeskirchlich oder freikirchlich.

 

Früher war das anders. Früher hatten die Kirchen großes Gewicht, weil die große Mehrheit der Menschen hinter ihnen stand. Seit Kaiser Konstantin 312 n. Chr. begann, die Christen zu begünstigen, wurde es Schritt für Schritt zur Staatsreligion. So blieb es in Westeuropa in fast allen Ländern, auch nach der Reformation. Jeder musste Christ sein, jeder musste Teil der Kirche sein. Aber diese Ära ist zu Ende, unwiderruflich!

 

Das Christentum ist keine Staatsreligion mehr. Jeder kann frei wählen, welche Religion er haben möchte und welcher Religionsgemeinschaft er angehören möchte. Und das sind immer weniger die christlichen Kirchen und Gemeinden. Nur wird das in Deutschland noch stark überdeckt und verzögert durch ein weltweit einzigartiges System. Die traditionellen Kirchen haben großen Einfluss und große Finanzmittel durch Kirchensteuern, Religionsunterricht und vieles mehr – obwohl das längst nicht mehr ihrer Bedeutung in der Gesamtgesellschaft entspricht. Die Lockdowns haben es gezeigt: Wenn es ernst wird, braucht man die Kirchen nicht mehr. Dann braucht man Baumärkte, Supermärkte und Kitas – aber keine Kirchen.

 

Man kann sich lange darüber streiten, ob das gut oder schlecht ist. Natürlich ist vieles davon schmerzhaft für die Kirchen. Aber das eigentliche Problem ist, dass sich viele Landeskirchen schwertun, diese Realität anzuerkennen. Um es hart und deutlich zu sagen: Es gibt keine Volkskirchen mehr. Nicht einmal die Hälfte der deutschen Bevölkerung versteht sich noch als Christen. Und es gibt keine Anzeichen, dass sich dieser Trend zur Entchristlichung bald ändert. Die Kirche wird viele Privilegien aufgeben müssen. Sie verliert Mitglieder und Macht, sie wird immer weniger Geld haben und sie wird sich bald ihre Gebäude nicht mehr leisten können.

 

Eine Kirche, die ihre schwache Position hier nicht anerkennt, leugnet die Realität. Und damit hat sie auch keine Möglichkeit, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Aber wie soll eine Kirche das alles meistern, wenn sie doch schwach ist? Kann sie überhaupt überleben? 

 

Ja, das kann sie, weil Jesus es ihr versprochen hat. Sie kann es, weil Jesus das Schwache liebt und ihm seine Kraft versprochen hat.

 

Jesus liebt das Schwache – schon immer

Paulus hat das an sich selbst erlebt, was es bedeutet, schwach zu sein. In 2. Korinther 12,9-10 schreibt er, was Jesus ihm darauf antwortete:

 

"Aber der Herr hat zu mir gesagt: »Du brauchst nicht mehr als meine Gnade. Denn meine Kraft kommt gerade in der Schwäche voll zur Geltung.« Ich will also gern stolz auf meine Schwäche sein. Dann kann sich an mir die Kraft von Christus zeigen. Deshalb freue ich mich über meine Schwäche – über Misshandlung, Not, Verfolgung und Verzweiflung. Ich erleide das alles gern wegen Christus. Denn nur wenn ich schwach bin, bin ich wirklich stark."

 

Damit bringt Paulus etwas auf den Punkt, was den Gott der Bibel und seinen Sohn Jesus Christus zu allen Zeiten ausmacht: Er liebt das Schwache und zeigt gerade an den Schwachen seine unendliche Kraft. Er erwählte sich den Viehbesitzer Abraham, später das kleine Volk Israel. Jesus wurde nicht im römischen Kaiserpalast, sondern in Bethlehem in einer „normalen“ Familie geboren.

 

Auch bei den ersten Christen und ihren Gemeinden, also bei der ersten Kirche, war das so. Vieles war damals ähnlich wie heute. Auch sie waren schwach. Sie waren eine Minderheit. Sie hatten keine Lobby in der Politik. Im Gegenteil, sie wurden zeitweise sogar verfolgt. Aber genau in dieser Situation hat sich der Glaube an diesen Jesus Christus ausgebreitet. Niemand konnte ihn auslöschen.

 

Die Situation der Schwäche ist kein Untergangsszenario – sie ist verheißungsvoll! Jesus Christus selbst schenkt seiner Gemeinde immer neues Leben. Jesus selbst gibt seiner Kirche die Kraft, um seine Botschaft weiterzutragen.

 

Wenn die Kirche also trotz ihrer Schwachheit überleben, ja überhaupt erst wieder richtig lebendig werden will, dann muss sie zurückkehren zu ihrer Kraftquelle, zu Jesus Christus und seiner Botschaft.

 

Rückkehr zur Kraftquelle Jesus

Die Kirchen drehen sich meist um ganz viele Dinge: Immobilien, soziale Projekte, Klimaschutz und vieles mehr. Alles Dinge, die grundsätzlich nicht schlecht oder sogar sehr gut und wichtig sind. Aber sie sind nicht das, was die Kirche ausmacht. Die Kirche hat ihre Kraft nur von Jesus Christus selbst und von seiner Botschaft: »Die von Gott bestimmte Zeit ist da. Sein Reich kommt jetzt den Menschen nahe. Ändert euer Leben und glaubt dieser Guten Nachricht!« (Markus 1,15), an die frohe Botschaft von Jesus!

 

Die Aufgabe der Kirche ist es, diese Botschaft festzuhalten und weiterzusagen. Oft muss sie erst einmal wieder zurückkehren zu dieser Botschaft, weil sie selbst vergessen hat, was sie eigentlich ist und was ihre Aufgabe ist. Aber wenn die Kirche sich wieder zu diesem Jesus und seiner Botschaft hält, dann bekommt sie neue Kraft. Nicht aus sich selbst, sondern von ihrem Herrn, von Jesus Christus. 

 

Und mit dieser Kraft ihres Herrn kann die Kirche die Herausforderungen ihrer Zeit anpacken. Sie kann liebgewonnene Gebäude und Privilegien loslassen. Sie will nicht alle zu Bildungsbürgern machen, sondern lässt sich auf die Menschen ein – auch wenn sie ganz anders sind. Sie kann neue Wege finden, um ihre frohe Botschaft weiterzutragen.

 

Eine solche Kirche ist schwach, aber sie lebt – aus der Kraft ihres Herrn.

 

 

Benjamin Hummel
Albrecht-Bengel-Haus (https://www.bengelhaus.de/)

(Erschien ursprünglich in Theologische Orientierung Nr. 207, S. 24-25 mit dem Titel "Die Kraft der schwachen Kirche")

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Geändert am: 14.08.2024

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