Weil Gott Geist ist, kann ihm kein Geschlecht zugeordnet werden – er ist weder Mann noch Frau (Johannes 4,24). Gott übersteigt diese menschlichen Kategorien. Gleichzeitig offenbart er sich mit männlichen und auch mit weiblichen Eigenschaften, um zu zeigen, wie er ist. Dadurch ist es möglich, Gott kennenzulernen und eine Vorstellung von ihm zu entwickeln. Gott wünscht sich vor allem eine persönliche Beziehung zu uns.
Viele Menschen ordnen Gott in ihrer Vorstellung dem männlichen Geschlecht zu. Das erscheint naheliegend. Schließlich richtet sich das Vaterunser, das bekannteste Gebet der Christen, an Gott, den Vater. Michelangelos berühmtes Gemälde „Die Erschaffung Adams“ zeigt Gott als alten Mann mit weißem Bart. Auch diese Vorstellung von Gott ist weit verbreitet. Doch ist Gott wirklich männlich? Hat er überhaupt ein Geschlecht?
Jeder Mensch hat ein Geschlecht. Es liegt auf der Hand, sich also auch Gott mit einem Geschlecht vorzustellen. Doch diese Vorstellung greift zu kurz, denn Gott ist kein Mensch, sondern ein Geistwesen (Hosea 11,9; Johannes 4,24). Als Geist ist Gott weder Mann noch Frau. Er übersteigt diese menschlichen Kategorien.
Zur Zeit der Bibel lebten die Menschen in patriarchalen, also männlich dominierten Gesellschaften. Frauen hatten kaum die Möglichkeit, mächtige Positionen einzunehmen. Es verwundert daher nicht, dass Gott sich in der Bibel häufig in Positionen zeigt, die Männern vorbehalten waren. Dadurch verdeutlicht er seine Autorität und Macht. Er zeigt sich mal als König und mal als Richter, mal als Krieger und mal als Ehemann. Der hebräische Eigenname Gottes (JHWH) wird mit männlichen Pronomen verwendet. Im Neuen Testament wird Gott als Vater identifiziert (Epheser 3,14-15). Jesus Christus, der Sohn Gottes, lebte als Mann auf dieser Erde. Grammatisch gesehen ist der Heilige Geist im Griechischen ein Neutrum (pneuma). Doch wenn Jesus den Heiligen Geist als Beistand oder Anwalt beschreibt, verwendet er dafür einen Begriff mit männlicher Endung (parakletos).
Bedeutet das also, dass Gott doch männlich ist? Nein, denn Gott werden auch typisch weibliche Eigenschaften zugeschrieben. Im Alten Testament wird Gott als Mutter des Volkes Israel beschrieben, die ihre Kinder gebiert (Jesaja 42,14), stillt (Jesaja 49,15) und tröstet (Jesaja 66,13). „Du hast den Gott vergessen, der dir das Leben schenkte!“, heißt es in 5. Mose 32,18. Gottes Größe drückt sich in mütterlichen Eigenschaften aus. Im Neuen Testament beschreibt Gott sich als Henne, die ihre Küken sammelt (Matthäus 23,37). Und während das grammatische Geschlecht der Bezeichnung für den Geist Gottes im Griechischen neutral (pneuma) ist, so ist es im Hebräischen weiblich (ruach).
Gott schreibt sich also selbst sowohl männliche als auch weibliche Eigenschaften zu. Das zeigt, dass er nicht einem Geschlecht zugeordnet werden kann. Auch sprachlich ist kein Rückschluss auf ein biologisches Geschlecht Gottes möglich. Als Geist ist Gott ohne Geschlecht. Das bedeutet aber nicht, dass Gott unpersönlich oder neutral ist. Gott möchte eine Beziehung zu jedem Menschen. Er offenbart sich sowohl in männlichen als auch in weiblichen Eigenschaften, damit Menschen ihn dadurch besser kennenlernen können.
Dass Gott sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lässt, ist eine gute Nachricht. Wer aufgrund schlimmer Erfahrungen Probleme mit dem anderen Geschlecht hat, braucht sich Gott nicht als Mann oder Frau vorzustellen. Indem Gott weder das männliche noch das weibliche Geschlecht für sich beansprucht, erhebt er auch kein Geschlecht über das andere. Es ist auch weniger entscheidend, dass Jesus Christus als Mann auf diese Erde kam. Entscheidend ist vor allem, dass Gott Mensch wurde, um den Menschen nahe zu sein.
Alle männlichen und weiblichen Eigenschaften von Gott eint, dass sie einen Beziehungsaspekt haben. Gott ist nicht unpersönlich, sondern persönlich und erfahrbar. Er ist der liebende Vater und wie eine tröstende Mutter.
Philipp Smolders
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